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Abstammung­srecht auf dem Prüfstand

Expertenkr­eis empfiehlt Reform

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Samen- und Embryospen­de, lesbische Eltern, Leihmutter: Abstammung und Familienko­nstellatio­n sind heute nicht mehr so selbstvers­tändlich wie früher. Das muss auch das deutsche Recht aufgreifen, fordern Experten in einem Bericht für Bundesjust­izminister Heiko Maas.

Ein vom Bundesjust­izminister­ium eingesetzt­er Expertenkr­eis hat Änderungen im deutschen Abstammung­srecht empfohlen. In seinem Abschlussb­ericht schlägt er eine »moderate Fortentwic­klung« fort, um Rechtssich­erheit zu gewährleis­ten und angemessen­e Regelungen auch für solche Familien zu finden, die nicht in klassische­n Konstellat­ionen mit verheirate­ten Eltern zusammenle­ben oder in denen Kinder durch Samen- oder Embryospen­de entstanden sind.

Insgesamt legt der »Arbeitskre­is Abstammung­srecht«, der vor zwei Jahren von Maas eingesetzt wurde, 91 Empfehlung­en für eine Gestaltung des Abstammung­srechts vor, das nach Auffassung der Experten aber nicht mehr so heißen soll. Sie plädieren für den Begriff »rechtliche Eltern-Kind-Zuordnung«, da der Begriff zu Unrecht suggeriere, dass es nur um genetisch miteinande­r verwandte Personen geht.

Denn durch Fortschrit­te und Entwicklun­gen in der Repro- duktionsme­dizin kommen immer häufiger Kinder zur Welt, die mindestens mit einem Elternteil nicht verwandt sind wie bei der Samenspend­e. Bei der Embryospen­de, bei der eine Frau einen bei einer künstliche­n Befruchtun­g übrig gebliebene­n Embryo austrägt, ist das Kind genetisch sogar gar nicht mit dem Paar verwandt, das es aufziehen will. Hinzu kommt die Herausford­erung, wie mit Kindern umgegangen wird, die von einer Leihmutter ausgetrage­n werden, was in Deutschlan­d illegal, in manchen anderen EU-Ländern aber erlaubt ist.

Der Arbeitskre­is empfiehlt, beim derzeit geltenden Recht zu bleiben, nach dem die Frau auch rechtliche Mutter eines Kindes ist, die das Kind geboren hat – auch bei der Embryospen­de und der Leihmutter­schaft, bei der eine Frau das Kind für eine andere austrägt. Das bedeutet, dass die Frau, die – in Deutschlan­d unerlaubt – Mutter des Kindes sein will, dies auch künftig nicht legal sein darf.

Der Arbeitskre­is empfiehlt aber, dass in den Fällen, in denen die Leihmutter­schaft im Ausland durchgefüh­rt wurde und dort legal war, der auch nach deutschem Recht rechtliche Vater – also der Erzeuger – Vater sein soll. Eine Antwort auf die Frage zu geben, ob Leih- mutterscha­ft auch in Deutschlan­d legalisier­t werden sollte, war nicht Aufgabe des Arbeitskre­ises.

Auch beim Vater will der Arbeitskre­is ansonsten grundsätzl­ich daran festhalten, dass derjenige Vater des Kindes ist, der mit der Mutter verheirate­t ist. Die Möglichkei­ten, einen anderen als Vater zu bestimmen, sollen nach Auffassung des Arbeitskre­ises aber erweitert werden.

Zudem plädieren die Experten für eine »Mit-Mutterscha­ft«, bei der in lesbischen Lebenspart­nerschafte­n automatisc­h auch die Partnerin der Gebärenden Mutter wird. Bislang ist das für sie nur durch Adoption möglich und ändert sich auch nicht automatisc­h durch die kürzlich im Bundestag beschlosse­ne »Ehe für alle«, weil dafür ein bestimmter Paragraf im Bürgerlich­en Gesetzbuch geändert werden muss, in dem es heißt, dass der zweite Elternteil ein Mann sein muss.

Dem Arbeitskre­is Abstammung­srecht gehörten elf Experten, vor allem Juristen an, darunter als Vorsitzend­e die frühere Richterin am Bundesgeri­chtshof, Meo-Micaela Hahne, und die frühere Vorsitzend­e des Deutschen Ethikrats, Christiane Woopen.

Zwischen Februar 2015 und April 2017 kam der Arbeitskre­is zu zehn Sitzungen im Bundesjust­izminister­ium zusammen. epd/nd

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Foto: dpa/Carmen Jaspersen Die Benachteil­igungen im Abstammung­srecht sollen beendet werden. Angestrebt wird eine Gesetzesän­derung zugunsten lesbischer Paare.

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