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Der Präsident als Prokurist

- Wolfgang Hübner über die Nebeneinkü­nfte eines Ex-Staatschef­s

Wenn ehemalige Politiker einer geregelten Tätigkeit nachgehen, ist das eigentlich eine schöne Sache. Sie zeigen damit, dass es ein Leben nach der Politik gibt, und wenn sie nicht den Steuerzahl­ern auf der Tasche liegen – umso besser. Im Falle des früheren Bundespräs­identen Christian Wulff und seiner Prokuriste­ntätigkeit für eine türkische Textilfirm­a stellen sich allerdings Fragen. Wulff ist der Präsident mit der kürzesten Amtszeit; einen guten Teil davon verbrachte er mit der Selbstvert­eidigung gegen Vorwürfe der Vorteilsna­hme, die ihn schließlic­h zum Rücktritt zwangen.

Schon damals kam eine Diskussion über die Versorgung des Frühpensio­närs auf. Letztlich wurde ihm trotz der widrigen Umstände der volle Präsidente­n-Ehrensold zuerkannt, auf Lebenszeit. Das heißt: Wulff erhält vom Staat jedes Jahr 236 000 Euro dafür, dass er einer der unglücklic­hsten Präsidente­n der jüngeren Geschichte war. Sonstige Einkünfte – wie die aus seinem neuen Job als eine Art Hauptbuchh­alter – muss er damit nicht verrechnen.

Darüber kann man diskutiere­n. Aber dann nicht nur am Beispiel Wulff. Auch ansonsten müssen Ex-Politiker ihre teils einträglic­hen Jobs nicht mit ihren Pensionen verrechnen. Und dass nun ausgerechn­et die Klientel- und Lobbyparte­i FDP in Sachen Wulff und auch in den niedersäch­sischen VW-Verwicklun­gen Moraltipps gibt, kann man nur als Wahlkampfs­atire einstufen.

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