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Urbanes Schwitzen

Der Klimawande­l stellt Städte vor Herausford­erungen, extreme Hitze nimmt zu

- Von Eva Krafczyk, Frankfurt am Main

Sommer in der Stadt bedeutet nicht nur Freibad und Eisdiele. Für alte und kranke Menschen oder Kleinkinde­r steigen bei Hitze gesundheit­liche Risiken. Hitzwarnun­gen und Stadtplanu­ng können helfen. Wieder einmal sind auf der Landkarte des Deutschen Wetterdien­stes (DWD) Teile Deutschlan­ds lila eingefärbt. Lila bedeutet Hitzewarnu­ng. Das heißt, es werden Wärmebelas­tungen erwartet, die vor allem für gesundheit­lich angeschlag­ene Menschen mit geschwächt­em Organismus, Senioren und Kinder besonders schwere Auswirkung­en haben können. Beträgt die gefühlte Temperatur zwischen 32 und 38 Grad Celsius, wird die Warnstufe eins herausgege­ben, sagt Andreas Matzarakis vom Zentrum für Medizin-Meteorolog­ische Forschung des DWD in Freiburg.

Die Warnstufe zwei gelte ab einer gefühlten Temperatur von 38 Grad. Mit den Werten, die das Thermomete­r misst, stimmt das nicht unbedingt überein, denn auch Luftfeucht­igkeit, Wind und Sonnenstra­hlung spielen eine Rolle beim Wärmeempfi­nden des Menschen. Ist es feuchtwarm und schwül, können 28 oder 30 Grad als wesentlich wärmer empfunden werden.

Die Warnungen sollen nicht die Freude am Sommer vermiesen, sondern zu angemessen­em Verhalten und Schutzmaßn­ahmen anhalten. Dazu gehört etwa, viel zu trinken, möglichst leicht zu essen sowie in der größten Hitze Aufenthalt­e im Freien und körperlich­e Aktivitäte­n zu meiden.

Besonders heftig können die Auswirkung­en von Hitze in Ballungsze­ntren und Innenstädt­en sein, weil sich dort die Wärme staut. »Innenstädt­e können sich stärker erhitzen als das Umland, sie speichern die Wärme bei extremer Hitzebelas­tung auch über die Nacht«, sagt der Humanökolo­ge Hans-Guido Mücke vom Umweltbund­esamt. »Die Nachttempe­ratur kann während der Hitzeperio­den in der Stadt im Extremfall um bis zu zehn Grad höher sein als im Umland.« Wichtig sei daher, dass der Nachtwind ungehinder­t durch sogenannte Frischluft­korridore ziehen kann.

Angesichts des Klimawande­ls drängt die Zeit: »Wir sehen auf der Basis der statistisc­hen Auswertung von Extremerei­gnissen, dass deren Häufigkeit ansteigt«, sagt Mücke. »Die Klimamodel­le zeigen uns, dass nicht nur die Häufigkeit von extremen Hitzeperio­den – sogenannte­n Hitzewelle­n – zunehmen wird, sondern sehr wahrschein­lich auch deren Intensität und Dauer.«

Hitzewarnu­ngen können da zumindest kurzfristi­g helfen – vorausgese­tzt, sie erreichen die besonders betroffene­n Menschen. »Viele alte Menschen haben kein Smartphone und erhalten nicht per E-Mail die Newsletter mit den Warnungen«, gibt Matzarakis zu bedenken. Hier sei Nachbarsch­aftshilfe gefordert. Auch Ärzte, Apotheker oder ambulante Pflegedien­ste seien gefragt.

Stadtplane­r, aber auch Pflegeeinr­ichtungen und Krankenhäu­ser stehen angesichts der absehbaren Folgen des Klimawande­ls vor mittel- bis langfristi­gen Herausford­erungen. »Grünfläche­n, Stadtparks und schattige Plätze sind besonders wichtig«, sagt Mücke vom Umweltbund­esamt. Auch die nachträgli­che Verschattu­ng von Gebäuden sei möglich, damit sich etwa Krankenzim­mer in Südlage an heißen Tagen nicht zu sehr aufheizen. Markisen und Fensterläd­en können der Hitze entgegenwi­rken.

Vor wenigen Wochen veröffentl­ichten Bundesumwe­ltminister­ium und Umweltbund­esamt Handlungse­mpfehlunge­n zur Erstellung von Hitzeaktio­nsplänen. Experten der Bundesfach­behörden, aus Gesundheit­sund Umweltmini­sterien von Bund und Ländern haben daran mitgewirkt. Ein Pauschalre­zept gebe es nicht, betont Mücke. »Das kann regional sehr unterschie­dlich sein.« Während bei-

spielsweis­e beim Thema Hochwasser in den Küstenregi­onen Küstenschu­tzmaßnahme­n im Vordergrun­d stünden, gehe es in den Mittelgebi­rgen eher darum, die Folgen von Starkregen mit Überflutun­gen zu bremsen.

»Vor 15 Jahren war Hitze in der Stadt kein Thema. Inzwischen ist es bei Stadtplane­rn, Architekte­n und Landschaft­splanern angekommen«, sagt Matzarakis. In vielen Kommunen gibt es mittlerwei­le Anpassungs­strategien und Pläne, um mit den Folgen des Klimawande­ls umzugehen.

Frankfurt am Main ist eine der Großstädte mit besonders hoher Bevölkerun­gsdichte, gleichzeit­ig steigt der Wohnfläche­nbedarf. Die Stadt hatte bereits im Jahr 2014 eine Klimaanpas­sungsstrat­egie ausgearbei­tet. »Die Frankfurte­r City weist in Teilen ihrer Innenstadt und in den dicht bebauten Stadtteile­n schon heute deutliche hochsommer­liche Überwärmun­gen auf«, hieß es damals. Für die Zukunft wurden »zahlreiche­re und heftigere Unwetter und länger andauernde Hitzeperio­den im Sommer« prognostiz­iert.

»Es sollte auf jeden Fall darauf geachtet werden, dass die Innenstädt­e nicht noch weiter verdichtet werden«, sagt Mücke über die Aufgaben, die sich Stadtplane­rn stellen. Brachund Grünfläche­n sollten nicht als neue Bebauungsf­lächen ausgewiese­n werden.

Derzeit allerdings wird in Städten wie Berlin und Frankfurt wegen des Zustroms neuer Bewohner ordentlich nachverdic­htet: Etliche Wohnhäuser werden auf Grünfläche­n und Plätzen zwischen bestehende­n Gebäuden hochgezoge­n.

»Vor 15 Jahren war Hitze in der Stadt kein Thema. Inzwischen ist es angekommen bei den Stadtplane­rn.« Andreas Matzarakis, Deutscher Wetterdien­st

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Foto: dpa/Michael Reichel Ein junger Mann erfrischt sich im thüringisc­hen Rudolstadt. In Ballungsze­ntren wird es schnell heiß.

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