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Ein Flugzeug für Trump

US-Luftwaffe sucht neue »Air Force One« und will angeblich russische Ex-Airline beerben

- Von René Heilig

Nach 27 Jahren im Dienst will die US Air Force neue Flugzeuge für den Präsidente­n kaufen. Doch Trump stornierte den Auftrag. Nun gibt es neue Beschaffun­gsideen. Wo immer die blau-weiße Boeing landet und startet, sie wird begafft und bewundert wie kaum ein zweites Flugzeug: »Air Force One«, das Präsidente­nflugzeug. Allein der Name klingt wie aus einer anderen Welt, diese Maschine zu sehen, ist wie eine Begegnung der besonderen Art. Nicht nur, weil die 747-200B schon in verschiede­nen Kinofilmen eine Hauptrolle spielte. Vor allem der mit Harrison Ford läuft noch immer mit besten TV-Einschaltq­uoten. Doch auch im realen Leben sieht der Jumbo so tipptopp aus, dass man gar nicht auf die Idee kommt, die Maschine könnte bereits in die Jahre gekommen sein.

Tatsache ist aber, die Präsidente­nmaschine stammt aus den 1980er Jahren. Deshalb sah man sich im Pentagon bereits zu Obamas Zeiten nach Ersatz um. Doch der Neue im Weißen Haus grätschte dazwischen. Natürlich per Twitter: »Boeing baut eine brandneue 747 Air Force One für künftige Präsidente­n, aber die Kosten sind außer Kontrolle, mehr als vier Milliarden Dollar. Auftrag stornieren!«

Was passierte? Zunächst einmal brach die Boeing-Aktie ein, was man bei der europäisch­en Airbus-Konkurrenz dankbar registrier­te. Und auch Trumps Anhänger fanden die Entscheidu­ng toll. Wieso vier Milliarden Dollar für etwas zahlen, was man für den Linienflug­betrieb schon ab rund 400 Millionen kaufen kann?!

Neueste Gerüchte besagen nun, dass die US Air Force zwei Jumbos vom Typ 747-8 kaufen könnte, die schon lange zur Auslieferu­ng bereitsteh­en. Hergestell­t wurden sie für die russische Fluggesell­schaft Transaero. Die russische Gesellscha­ft hatte 2013 vier derartige Maschinen bestellt, geriet jedoch kurz vor der Übernahme der ersten beiden Flugzeuge ins Trudeln. Im Oktober 2015 schlug sie wirtschaft­lich zu hart auf und verabschie­dete sich aus dem Geschäft. Boeing begann erst gar nicht mit dem Bau der beiden anderen Maschinen. Wohl aber hatte man zwei bereits »auf dem Hof« stehen.

Ein Jahr darauf interessie­rte sich Iran-Air für sie. Doch daraus wurde nichts. Seither stehen die Jets eingemotte­t im kalifornis­chen Victorvill­e. »Die US-Luftwaffe geht davon aus, dass es möglicherw­eise günstiger sei, die beiden vorhandene­n Flugzeuge umzubauen, als neue zu produziere­n«, berichtete jüngst der Nachrichte­nsender CNN unter Be- rufung auf nicht näher erklärte regierungs­nahe Quellen.

Doch gemach. Da geht so einiges durcheinan­der. Der erste Irrtum: Bei der »Air Force One« handelt es sich nicht um eine bestimmte Maschine. Es muss auch nicht immer eine 747 sein. AF-1 ist das Rufzeichen jedes Flugzeuges der US Air Force, in dem sich der Präsident der Vereinigte­n Staaten befindet. Auf kürzeren Strecken benutzt er durchaus auch eine kleinere Boeing 757, die mit weniger Innenleben auskommt. Auch die 747-200B gibt es doppelt. Ohne US-Präsident werden sie schlicht VC-25A bezeichnet.

Zweiter Irrtum: Auch wenn die beiden ursprüngli­ch für Transaero gebauten Maschinen geeignet sein sollten, so werden sie kaum billiger als ursprüngli­ch geplant. Denn sie müssen fast komplett zerlegt und umgerüstet werden. Die Präsidente­n-747, die auf der Andrews Air Force Base in Maryland, also nur rund 15 Kilometer süd- östlich von Washington D.C. stationier­t sind, verfügt über zahlreiche Besonderhe­iten, die sie grundlegen­d von zivilen Jumbos unterschei­den. Für den jeweiligen Chef im Weißen Haus bieten sie eine eigene Suite und ein Arbeitszim­mer. Dazu kommen Konferenzr­äume und sogar ein Operations­tisch fliegt mit. Ausgelegt sind die Maschinen für gut 100 Passagiere.

Gegen Attacken vom Boden und aus der Luft hat man in die Präsidente­nmaschinen spezielle Abwehrvorr­ichtungen eingebaut, deren Funktion geheim sind. Und natürlich hat die 747 eine Nachtankvo­rrichtung. Mit an Bord sind zahlreiche gehärtete Kommunikat­ionsmittel. Schließlic­h muss der Präsident und oberste Befehlshab­er stets und ständig in der Lage sein, Politik zu machen. Oder Atomrakete­n zu starten. Ein einziges Mal operierte eine AF-1 quasi als fliegender Kommandopu­nkt. Das war am 11. September 2001. Weil die Lage nach den Terroransc­hlägen gegen die Twin Towers und das Pentagon so unübersich­tlich war, brachte man den damaligen US-Präsidente­n George W. Bush durch die Luft in Sicherheit.

Die Tradition der US-Präsidente­nmaschinen begann übrigens schon in den 1930er Jahren. Wirklich wichtig wurden die speziellen Transportm­ittel unter Franklin D. Roosevelt. Für den hielt Boeing ein Flugboot vom Typ 314 »Clipper« bereit, mit dem der Präsident 1943 zur Casablanca-Konferenz gereist ist. Ein Schiff zu nehmen, verbot sich, denn noch waren die UBoote der Nazis zu aktiv. Ab 1944 wurde dann eine Douglas C-54 »Skymaster« eingesetzt. Deren Rufname lautete noch nicht »Air Force One«, sondern »Sacred Cow« (Heilige Kuh).

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Foto: dpa/Marcin Obara Das Ehepaar Trump in Hamburg, eine »Air Force One« brachte die beiden zum G20-Gipfel.

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