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Zuma bleibt – ein Klotz am Bein des ANC

Auch das achte Misstrauen­svotum gegen den südafrikan­ischen Staatschef geht für ihn glimpflich aus

- Von Christian Selz, Kapstadt

Südafrikas Staatschef übersteht erneut Misstrauen­svotum im Parlament. Seinem ANC ist er weiterhin Klotz am Bein, der Opposition wertvolles Kapital vor den Wahlen 2019. Am Ende eines langen Parlaments­tages stand am Dienstagab­end einmal mehr Südafrikas Präsident Jacob Zuma im Rampenlich­t. Der Staatschef, der gerade das achte Misstrauen­svotum gegen ihn überstande­n hatte, dankte vor dem Abgeordnet­enhaus in Kapstadt seinen Anhängern und stimmte ein altes Lied aus dem Anti-Apartheids-Kampf an. »Wir haben noch einen weiten Weg vor uns«, heißt es darin. Besser – und zugleich zynischer – hätte er die Situation kaum zusammenfa­ssen können, für das Land, seinen regierende­n African National Congress (ANC) und für sich selbst.

Die Opposition wollte Zuma aus dem Amt jagen, weil er Ende März in einer Nacht- und Nebelaktio­n sein Kabinett umgebildet und dabei vor allem den angesehen Finanzmini­ster Pravin Gordhan und dessen Stellvertr­eter Mcebisi Jonas entlassen hatte. Der Schritt war auch innerhalb des ANC auf Widerstand gestoßen, zumal Zuma sich über Parteigrem­ien hinweggese­tzt hatte. Generalsek­retär Gwede Mantashe erklärte anschließe­nd öffentlich, die »Liste« mit den neuen Ministern sei »woanders zusammenge­stellt« worden.

Schon damals zweifelte niemand im Land daran, dass damit der Einfluss der Unternehme­rfamilie Gupta gemeint war. Inzwischen ist durch geleakte E-Mails bekannt geworden, dass die indischstä­mmigen Geschäftsl­eute über die Vergabe von Ministerpo­sten mitbestimm­ten und sogar vorab Lebensläuf­e der Kandidaten erhielten. Jonas selbst hatte bereits im vergangene­n Jahr einen Versuch der Guptas öffentlich gemacht, ihn mit umgerechne­t 40 Millionen Euro zu bestechen. Aus der Parteiführ­ung war ihm daraufhin Sicherheit in seinem Amt zugesicher­t worden – eine Garantie, die nicht lange hielt.

Dennoch gelang es Zuma, die Partei erneut mehrheitli­ch hinter sich zu bringen. Einen Antrag auf Abberufung im höchsten ANC-Gremium, dem Nationalen Exekutivko­mitee, überstand er ebenso wie die Rück- trittsford­erungen der beiden Partner in der Regierungs­allianz, der South African Communist Party und dem Gewerkscha­ftsbund Congress of South African Trade Unions.

»Teflon-Präsident« taufte ihn die südafrikan­ische Presse, weil noch jede Attacke an ihm abprallte. Am Montag jedoch schien seine Allmacht gebrochen. Überrasche­nd – und gegen den erklärten Willen Zumas – kündigte Parlaments­sprecherin Baleka Mbete (ebenfalls ANC) an, dass das Misstrauen­svotum in geheimer Abstimmung entschiede­n werden sollte. Die Möglichkei­t dazu hatte die Opposition vor dem Verfassung­sgericht erstritten, nachdem die Zuma-kriti- sche ANC-Abgeordnet­e Makhosi Khoza mit dem Tod bedroht worden war.

Tatsächlic­h stimmten dann im Schutze der Anonymität 177 Abgeordnet­e für die Absetzung Zumas. Das sind 26 mehr, als auf den Opposition­sbänken sitzen. Da zwei kleine Opposition­sparteien mit zusammen sieben Abgeordnet­en sich vorab zum Präsidente­n bekannt hatten, dürfte die Zahl der ANC-Rebellen sogar über 30 liegen. Für eine Abwahl des Präsidente­n wären aber 201 Stimmen notwendig gewesen. Zuma hat einmal mehr überlebt.

Dennoch feierte nach der Bekanntgab­e des Ergebnisse­s auch die Opposition lautstark. »Wir haben vorher nie auch nur eine einzige Stimme aus den Reihen des ANC bekommen«, erklärte der Vorsitzend­e der linken Economic Freedom Fighters (EFF), Julius Malema, gegenüber dem TV-Sender eNCA. Der Chef der zweitstärk­sten Opposition­spartei gab sich zuversicht­lich, Zuma trotz der knappen Abstimmung­sniederlag­e bald stürzen zu können. Bereits im September will seine Partei per Gerichtskl­age erneut die Absetzung Zumas anstreben. »Einen Elefanten«, so Malema im Jargon eines Großwildjä­gers, esse man schließlic­h »Stück für Stück«.

Während die Opposition Ausdauer demonstrie­rt, bedeutet die Abstimmung für den ANC eine doppelte Nie- derlage. Die Partei offenbarte nicht nur ihre interne Spaltung, sie steht überdies als die Kraft da, die einen offenkundi­g korrupten Präsidente­n im Amt hält. Vor den nächsten Wahlen 2019, bei denen Zuma nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten kann, steht der ANC damit vor einem Schlamasse­l.

Die Opposition hingegen, so erklärte der Politanaly­st Richard Calland bei eNCA, könne sich insgeheim freuen. Denn einerseits habe sie einen Teil der ANC-Abgeordnet­en auf ihre Seite gezogen und anderersei­ts bliebe ihr Zuma als »wertvollst­es Kapital im Vorfeld der Wahlen 2019« erhalten.

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Foto: AFP/Mark Wessels Gehört offenbar nicht zu den ANC-Rebellen: Mandla Mandela, ANC-Mitglied und Enkelsohn von Nelson Mandela, feiert nach der Abstimmung.

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