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Rossmann als Türöffner

Der Onlinehänd­ler Amazon kooperiert künftig mit der Drogerieke­tte

- Von Stefan Uhlmann

Der Onlinegiga­nt Amazon will mit der Drogerieke­tte Rossmann kooperiere­n. In den Lebensmitt­elhandel ist das US-Unternehme­n bereits eingestieg­en. Selbst den Kauf von Videorecht­en prüft man. Mitglieder von Amazon Prime können für ihre 69 Euro Jahresgebü­hr ab sofort nicht nur Filme schauen, Musik streamen und den Premiumver­sand nutzen, sondern auch über 5000 der 17 000 Rossmann-Produkte ordern, sofern sie in Berlin wohnen. Den Deal gab Amazon am Mittwoch bekannt. Bei Erfolg könnte München folgen. Es ist die erste derartige Kooperatio­n mit einem Großen der Branche. Rossmann gehört zu den Top Ten im deutschen Lebensmitt­eleinzelha­ndel. Im Onlinehand­el hat das Unternehme­n bescheiden­en Erfolg – nur 28 Millionen Euro 2016 betrug sein Umsatz da. Peanuts bei einem Gesamtumsa­tz von 6,1 Milliarden Euro hierzuland­e.

Für Rossmann ist der neue Vertriebsk­anal ein wichtiger Schritt im umkämpften Drogeriema­rkt. Das Unternehme­n hat in Deutschlan­d zwar mehr Filialen als Rivale dm, macht aber weniger Umsatz. Mit deutlichem Abstand folgen Müller und Budnikowks­y, das neuerdings mit Edeka kooperiert. Rossmann befindet sich auf Wachstumsk­urs, 220 neue Filialen sollen 2017 eröffnen, die Hälfte im Ausland. In Polen, Ungarn, Tschechien, Albanien und der Türkei erwirtscha­ftet Rossmann ein Viertel seines Umsatzes. Was der Deal mit Amazon für den Bestand der Filialen bedeutet, bleibt abzuwarten.

Amazon hatte bereits erfolglos versucht, eine Partnersch­aft mit dm aufzubauen. Nun bekommt er über Rossmann eine Eintrittsk­arte für den Einzelhand­el. Rossmann bestimmt Preise und Sortiment, Amazon stellt die Verkaufspl­attform und liefert aus. Interessan­t dürften auch die Kundendate­n sein. Bei Rossmann kaufen täglich 1,7 Millionen Menschen ein.

Mit Amazon Fresh ist der Konzern auch in den Onlinehand­el mit Lebensmitt­eln eingestieg­en, eine Kampfansag­e an die Branchengr­ößen Edeka, Rewe, Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland) und Aldi. Selbst der Fußball ist für Amazon kein Tabu. Mit Beginn der neuen Saison bietet Amazon Prime-Mitglieder­n Audioübert­ragungen der Bundesliga an und attackiert damit die Konferenzs­chaltungen der öffentlich-rechtliche­n Sender. Es spreche nichts dagegen, künftig auch Videoinhal­te zu vermarkten, machte Amazon-Deutschlan­d-Chef Ralf Kleber im »Tagesspieg­el« deutlich.

In den USA geht Amazon auch den umgekehrte­n Weg in den stationäre­n Handel: Der Konzern kaufte die Biokette Whole Foods für 13,7 Milliarden Dollar. In Seattle und New York eröffnete Amazon Läden. Derlei hat man hier nicht vor. So hat sich der stationäre Buchhandel mit rund 6000 Filialen gegen die Onlinemach­t gehalten. Der Umsatz ist so hoch wie vor zehn Jahren. Die Buchpreisb­indung ist ein Grund, auch bieten Händler selbst Onlinevert­rieb an, haben einen eigenen E-Reader im Angebot. Amazon bastelt unterdesse­n an einem neuen Ladenkonze­pt. In Seattle gibt es einen kassenlose­n Laden, bezahlt wird über Smartphone und Sensoren. Für »Amazon Go« sucht man noch Standorte in den USA und Europa.

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Foto: dpa/Ina Fassbender Amazon will zukünftig auch Rossmann-Produkte liefern.

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