nd.DerTag

Schneller ohne Papierberg­e

Das Jobcenter Charlotten­burg-Wilmersdor­f arbeitet seit einigen Monaten mit eAkten

- Von Katharina Schwirkus »Die Papierberg­e gehen schon jetzt zurück.«

Die Berliner Jobcenter sollen die Kundendate­n bis 2018 digitalisi­eren. Charlotten­burg-Wilmersdor­f schreitet voran, doch der Weg zur kompletten Umstellung wird nicht leicht. »Die Umstellung auf die eAkte läuft besser als erwartet, aber einige Haken gibt es schon noch«, verrät Jenifer F. dem »nd«. Sie arbeitet im Jobcenter Charlotten­burg-Wilmersdor­f und hat jeden Tag mit der neuen, digitalisi­erten Akte der Transferem­pfänger zu tun. Alle Mitarbeite­r des Jobcenters wurden fünf Monate von zwölf Trainerinn­en und Trainern geschult. Eine Trainerin ist Michaela Kirchner, die selbst im sogenannte­n Leistungsb­ereich tätig ist. Sie wurde zunächst selbst zur Trainerin ausgebilde­t, um dann ihre Kolleginne­n und Kollegen einzuweise­n. »Es ist sehr sinnvoll, wenn die Mitarbeite­r von Kollegen aus dem eigenen Team geschult werden«, erklärt Birgit Rogg, Leiterin der Geschäftsf­ührung des Jobcenters Charlotten­burg-Wilmersdor­f.

Hinter der Umstellung der Papierakte­n von Leistungse­mpfängern auf elektronis­che Akten steht das Ziel, eine schnellere Bearbeitun­g der Anträge im Jobcenter zu gewährleis­ten. Politisch wurde diese Umstellung im vergangene­n Jahr mit dem E-Government-Gesetz durch den vorherigen Senat beschlosse­n. Bisher ist Charlotten­burg-Wilmersdor­f das erste Jobcenter, das bereits mit eAkten arbeitet. Im vergangene­n März starteten die Mitarbeite­r des Jobcenters mit der Umstellung auf das neue System. Papiere der Transferbe­rechtigten werden seither direkt am Antragstag eingescann­t und digital gesammelt. Die Papiere kommen sofort in das Archiv. Ziel ist es, dass die Sachbearbe­iter seltener Akten aus dem Archiv anfordern müssen, zumal nicht jedes Jobcenter ein eigenes Archiv hat. Die Sachbearbe­iter in Charlotten­burgWilmer­sdorf können die Akten jetzt nur noch digital einsehen. Hierzu ar- beiten sie mit zwei Bildschirm­en, auf einem können sie sich die Akte aufrufen, auf dem anderen machen sie neue Einträge. »Die Papierberg­e gehen schon jetzt zurück«, sagt Dagmar Brendel, Geschäftsf­ührerin des Jobcenters Charlotten­burg-Wilmersdor­f. Es könne Zeit gespart werden, weil die Mitarbeite­r seltener Akten aus dem Archiv suchen müssten.

Die Beschwerde­n über Verzögerun­gen bei der Antragsbea­rbeitung gingen auch schon jetzt zurück. Detlef Zöllner, ehrenamtli­cher Berater für Leistungsb­erechtigte nach dem Sozialgese­tzbuch II, widerspric­ht dieser Aussage jedoch. In seinem Büro in Friedrichs­hain, das an den Verein RuDi angebunden ist, betreut er Jobcenter-Betroffene aus ganz Berlin. »Ein Problem bei der Digitalisi­erung ist, dass die Sachbearbe­iter nicht mehr so einfach an die Akten kommen. Wenn etwas falsch digitalisi­ert wird, lässt sich das im Nachhinein schlecht aufklären«, sagt Zöllner dem »nd«. Er habe von niemandem gehört, dass die Antragsbea­rbeitung in Charlotten­burg zuletzt schneller voranschre­ite.

Eine besondere Herausford­erung bei der elektronis­chen Umstellung seien datenschut­zrechtlich­e Aspekte, erklärte Brendel weiter. Die Sachbearbe­iter haben immer nur Zugriff auf die Daten, die sie für ihre Arbeit gerade benötigen. »Es ist beispielha­ft, Dagmar Brendel, Geschäftsf­ührerin des Jobcenters Charlotten­burg-Wilmersdor­f wie Charlotten­burg-Wilmersdor­f die Digitalisi­erung vorantreib­t«, sagt Carsten Engelmann (CDU), Bezirkssta­dtrat von Charlotten­burg-Wilmersdor­f. Er habe seine Bedenken, wie der aktuelle Senat die Umstellung auf die eAkte in den anderen Jobcentern voranbring­en werde. »Das Tempo ist da gerade nicht so hoch«, so Engelmann zum »nd«.

Katina Schubert, Arbeitsmar­ktexpertin der Linksfrakt­ion, sagt dazu: »Wir haben ein Personalpr­oblem, das wir von dem letzten Senat übernommen haben. Das betrifft den Fachkräfte­bereich im IT-Bereich.« Auch bei der IT-Ausstattun­g stünden Erneuerung­en an, weswegen es in einigen Jobcentern zur Verzögerun­g kommen könnte, so Schubert. Es sei ein langwierig­er Prozess, der mit der Personalen­twicklung im öffentlich­en Dienst Hand in Hand gehen müsse.

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Foto: nd/Katharina Schwirkus Michaela Kirchner mit alten Papierakte­n des Jobcenters

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