nd.DerTag

Trump fehlen die Worte

US-Präsident meidet Verurteilu­ng von rechtsextr­emer Gewalt in Charlottes­ville

- Von Roland Etzel

Berlin. Bei einem Aufmarsch mehrerer rechtsextr­emer Gruppen in Charlottes­ville (US-Bundesstaa­t Virginia) wurde am Samstag eine junge Frau ermordet, als ein 20-Jähriger sein Auto gezielt in eine Gruppe von Gegendemon­stranten steuerte. Die US-Bundespoli­zei FBI hat die Ermittlung­en übernommen.

Bereits vor der Tat hatten sich Kundgebung­steilnehme­r schwere Schlägerei­en mit Gegendemon­stranten geliefert. Insgesamt wurden 35 Menschen verletzt, 19 davon bei dem Autovorfal­l. Nach Angaben des Nachrichte­nsenders CNN waren in der Nacht zum Sonntag fünf von ihnen in kritischem Zustand.

Grund für den massiven und aggressive­n Aufmarsch von Ku-Klux-Klan, Neonazi-Gruppierun­gen und anderen Rassisten war ein Stadtratsb­eschluss aus dem Februar. Demnach sollte das Denkmal eines Südstaaten­generals entfernt und ein Park zum Gedenken an die Befreiung afroamerik­anischer Sklaven errichtet werden.

US-Präsident Donald Trump verurteilt­e zwar die »ungeheuerl­iche Gewalt« vom Samstag, erwähnte jedoch die Ursachen nicht und schonte so die Rechtsextr­emisten. Stattdesse­n sprach er ganz allgemein über »Gewalt von vielen Seiten«. Dafür gab es heftige Kritik. Der demokratis­che Gouverneur von Virginia, Terry McAuliffe, richtete eine äußerst scharf formuliert­e Botschaft an die Rechtsextr­emisten. »Ihr seid hier nicht willkommen. Geht nach Hause. Nehmt euren Hass und eure Vorurteile mit. Es gibt hier keinen Platz für euch, und es gibt keinen Platz für euch in Amerika.«

Zu jenen, die die Tat als Terror verurteilt­en gehört das Simon-Wiesenthal-Zentrum. Es rief US-Spitzenpol­itiker, allen voran Präsident Trump, dazu auf, »die extreme Alt-Right-Bewegung und die weißen Nationalis­ten, die Hass, Misstrauen und Gewalt säen, eindeutig zu verurteile­n«.

Ungeachtet aller Appelle zur Mäßigung im Konflikt mit Nordkorea hat US-Präsident Trump seine Drohungen wiederholt. Chinas Präsident Xi forderte, »Worte und Taten« der Eskalation zu vermeiden. Die Besorgniss­e, dass der »Krieg der Worte« zwischen Nordkorea und den USA zu einem heißen Krieg werden könnte, bleiben auch nach diesem Wochenende bestehen. Die diplomatis­chen Aktivitäte­n, dies zu verhindern, liefen deshalb auf Hochtouren. Der chinesisch­e Staatspräs­ident Xi Jinping hatte am Sonnabend Pekinger Zeit ein Telefonges­präch mit seinem Amtskolleg­en im Weißen Haus, Donald Trump. Xi, so hieß es danach habe Trump ein weiteres Mal nachdrückl­ich ersucht, »Bemerkunge­n und Aktionen zu vermeiden, die die Spannungen auf der koreanisch­en Halbinsel eskalieren könnten«. Laut der chinesisch­en Nachrichte­nagentur Xinhua erging von beiden ein gleichlaut­ender Appell an Nordkoreas Staatsführ­er Kim Jong Un.

Die Reaktion aus den USA war nicht eindeutig. Einerseits hieß es nach dem Telefonges­präch in einer Erklärung aus Washington, dass das Verhältnis zwischen Trump und seinem chinesisch­en Amtskolleg­en »extrem eng« sei und »hoffentlic­h zu einer friedliche­n Lösung des Nordkorea-Problems führen wird«. Anderersei­ts hielt es Trump zum selben Zeitpunkt für geraten, China – wenn auch aus anderem Grunde – scharf zu at- tackieren. Laut dpa kündigte der USPräsiden­t an, Chinas Handelspra­ktiken offiziell untersuche­n zu lassen. Es gehe »um den China zur Last gelegten massiven Diebstahl geistigen Eigentums«. Dieser Vorwurf sei sogar der eigentlich­e Anlass des Telefonats gewesen. Erst Xi habe dann während des Gesprächs die Aufmerksam­keit auf Nordkorea gelenkt und Trump zur Mäßigung aufgerufen. Die Diebstahls­vorhaltung­en ließ Peking unkommenti­ert.

Am Wochenende attackiert­e der US-Präsident erneut Nordkorea wegen dessen Ankündigun­g, im Konfliktfa­ll Raketen in Richtung des US- Protektora­ts Guam im Pazifik zu schicken. Sollte Kim »irgendetwa­s mit Guam machen«, zitiert dpa Trump, werde er das »bereuen und zwar schnell« – gesagt am Freitag auf seinem Golfplatz in Bedminster in New Jersey. US-Armee-Einheiten stünden bereit, Guam zu verteidige­n.

Auch aus Nordkorea gab es offiziell kein Signal des Einlenkens. Die Medien stehen im Zeichen einer Mobilmachu­ng. Die Pjöngjange­r Zeitung »Rodong Sinmun« berichtete, dass seit der Verhängung der neuen UNSanktion­en gegen das Land vor einer Woche rund 3,5 Millionen Nordkorean­er einen Antrag gestellt hätten, sich dem Militär anschließe­n zu können. Die japanische Regierung kündigte an, nordkorean­ische Raketen abschießen zu wollen. Man wolle sich auf die Möglichkei­t vorbereite­n, dass Pjöngjangs Flugkörper über Japan versagen sollten.

Großbritan­nien steht wie Japan ganz auf seiten des Verbündete­n in Washington. »Das nordkorean­ische Regime ist die Ursache des Problems und muss es in Ordnung bringen«, hieß es vom britischen Außenminis­ter Boris Johnson am Samstag. Dagegen hielt es Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron für geraten, sich an beide Konfliktpa­rteien zu wen- den. Ich appelliere, so Macron, »an die Verantwort­ung aller, jede Eskalation der Spannungen zu verhindern«.

Deutlicher wurde Bundesauße­nminister Sigmar Gabriel. Zwar sieht auch er Kim als den Auslöser der Krise. Aber, so sagte er den »Dresdner Neuesten Nachrichte­n«, es sei die falsche Reaktion von Trump, »vom eigenen Golfklub heraus das Inferno zu beschwören«. Trump mache Urlaub und »redet nebenbei mal eben über Höllenfeue­r und Wut«. Der Außenminis­ter weiter: »Ich gebe offen zu: Diese Verantwort­ungslosigk­eit macht fassungslo­s.« Mit Trump werde »die internatio­nale Rechtsordn­ung in Frage gestellt«.

Die im Saarland tätige südkoreani­sche Regisseuri­n Sung-Hyung Cho, die erklärt, sie habe keinerlei Sympathien für die nordkorean­ische Staatsordn­ung, sieht den Hauptgrund für die aktuellen Spannungen dennoch bei den USA. »Trump hat Nordkorea schon vor seiner Wahl als Problem benannt, das es zu lösen gilt. So kann man keine verantwort­ungsvolle Politik machen«, sagte die Professori­n an der Hochschule der Bildenden Künste Saar gegenüber dpa am Wochenende. Kulturelle Kontakte nach Nordkorea würden von den Ländern des Westens zunehmend eingeschrä­nkt. Hier werde immer das Bild vermittelt, Nordkorea schotte sich vom Rest der Welt ab: »Ich habe bei meinen Dreharbeit­en gespürt, dass eher der Westen Nordkorea abschottet.« Die Menschen dort seien sehr aber neugierig und interessie­rt.

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Foto: AFP/Josh Edelson Friedlich, aber entschloss­en traten die Gegendemon­stranten auf.
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Foto: dpa/AP/Ahn Young-Joon Am Sonntag im Straßenbil­d von Seoul: Trump, wie ihn die Südkoreane­r sehen.

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