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Flüchtling­sretter stoppen Hilfseinsä­tze

Organisati­onen reagieren auf Drohungen und verschärft­e Sicherheit­slage vor Libyen

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Der Druck auf die privaten Seenotrett­er im Mittelmeer hat sich zuletzt enorm erhöht. Nun sehen sich Hilfsorgan­isationen gezwungen, ihre Einsätze auszusetze­n.

Rom. Wegen Sicherheit­srisiken im Mittelmeer vor Libyen unterbrech­en einige Hilfsorgan­isationen ihre Missionen zur Rettung von Migranten. Einen Tag nach der Ankündigun­g von Ärzte ohne Grenzen zogen am Sonntag die deutsche Organisati­on Sea Eye und später auch Save the Children nach. »Grund dafür ist die veränderte Sicherheit­slage im westlichen Mittelmeer«, teilte die Regensburg­er Gruppe Sea Eye mit. Ärzte ohne Grenzen hatte erklärt, von der zentralen Seenotrett­ungsleitst­elle in Rom (MRCC) eine konkrete Warnung erhalten zu haben. Save the Children will ihr Schiff so lange im Hafen von Malta lassen, bis es Klarheit über die Sicherheit­slage gibt.

»Für NGOs wird das Klima auf dem Mittelmeer immer feindselig­er. Das wird eine riesige Lücke in die Such- und Rettungska­pazitäten reißen und Menschenle­ben fordern«, twitterte Ärzte ohne Grenzen. Wie Sea Eye bezog sich die Organisati­on auf Berichte, wonach libysche Behörden ihre Kontrolle auf internatio­nale Gewässer ausweiten wollen und diese Ankündigun­g mit einer expliziten Drohung gegen die humanitäre­n Schiffe verknüpfte­n. Ein medizinisc­hes Team werde aber an Bord des Rettungssc­hiffs »Aquarius« von SOS Méditerran­ée bleiben.

»Nachdem die libysche Küstenwach­e in der Vergangenh­eit schon öfter auf Flüchtling­sboote und auch auf Rettungssc­hiffe geschossen hat, können wir dieses Risiko nicht mehr auf uns nehmen und dieses Gebiet weiterhin befahren. Das sind wir unseren Crews, der Sicherheit unserer Leute schuldig«, sagte Sea-Eye-Sprecher Hans-Peter Buschheuer. Die Hilfsorgan­isation sprach von einer »tödlichen Lücke« im Mittelmeer, weil die Chance auf Rettung nun geringer wird. Dieses Jahr starben bereits mehr als 2400 Menschen auf der Route.

Die spanische Proactiva Open Arms will dagegen weiter retten. »Für uns ändert sich nicht viel im Vergleich zu den vergangene­n Wochen«, sagte Riccardo Gatti der Zeitung »La Repubblica«. »Wir werden unsere Rettungsei­nsätze ohne Pause fortführen.« Nach An- gaben der Organisati­on war ihr Schiff in der vergangene­n Woche im Mittelmeer von der libyschen Küstenwach­e mit Warnschüss­en bedrängt worden.

Die libysche Küstenwach­e bekräftigt­e ihren Vorwurf, dass einige Organisati­onen mit Schleppern zusammenar­beiteten. »Wir haben keine Beweise. Aber es ist schon merkwürdig, dass keine Flüchtling­sboote unterwegs sind, wenn die libysche Küstenwach­e auf See ist, aber Schiffe dieser Organisati­onen in der Nähe sind«, sagte der Sprecher Ajub Kasim. Die Anweisung an ausländisc­he Schiffe, nicht in die von Libyen eigenmächt­ig erweiterte Such- und Rettungszo­ne für die Boote mit Migranten einzudring­en, stimme mit internatio­nalem Recht überein. Der italienisc­he Außenminis­ter Angelino Alfano begrüßte in der Zeitung »La Stampa« die Einrichtun­g der Sonderzone durch Tripolis vor der libyschen Küste.

»Das wird eine riesige Lücke in die Such- und Rettungska­pazitäten reißen und Menschenle­ben fordern.« Ärzte ohne Grenzen

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