Diese Ergebnisse sind der CDU ein Dorn im Auge
Zu »Nicht nur Schludrigkeit«, 5./6.8., S. 9
Die Parteienkoalition, die sich gebildet hat, um die Ostdeutschen vor den Erkenntnissen einer unliebsamen Studie zu den Ursachen des Rechtsextremismus im Osten der Republik zu bewahren, erstaunt. Selbst DIE LINKE schließt sich der Kritik von CDU und SPD an und bezeichnet die Studie als unseriös. Vor allem stört DIE LINKE die Kurzschlüssigkeit, mit der die DDR für die rechtsextreme Gewalt verantwortlich gemacht wird. Mit den »Anmerkungen eines Historikers« hat Ulrich van der Heyden auf gravierende Fehler aufmerksam gemacht. In der Tat, die Verknüpfung von Rechtsextremismus und DDR ist der schwächste Teil der Studie.
Dennoch geht die Kritik an den Aussagen zur DDR, so berechtigt sie ist, am Kern der Studie vorbei. Deren Wert besteht in einer Analyse der politischen Kultur in ausgewählten Regionen Sachsens und Thüringens. Die Autoren stoßen, Thüringen einmal ausgeklammert, auf »Besonderheiten der politischen Kultur«, die das erklären helfen, was Wolfgang Thierse »Sächsische Demokratie« genannt hat.
Deren Kennzeichen sind u.a. eine von der »CDU dominierte politische Kultur, die das Eigene überhöht und Abwehrreflexe gegen das Fremde, Andere, Äußere kultiviert«; »die Neutralisierung politischer Konflikte durch den Appell an eine kollektive regionale Identität bzw. an das weitverbreitete Bewusstsein vom ‚sächsischen Exzeptionalismus‘«, um das Trennende zu überlagern, und »fragile zivilgesellschaftliche Strukturen gerade im ländlichen Raum«. In der Kommunalpolitik herrscht die Ansicht vor, dass man sich »mit überparteilicher Sachpolitik zu befassen habe und dass parteipolitische Polarisierung dem städtischen Gemeinwohl schade«.
Inwieweit sich die sächsischen Befunde verallgemeinern lassen und was die DDR damit zu tun hat, darüber darf gestritten werden. Nur sollte die Verteidigung der DDR nicht den Blick verstellen für die Analyse der politischen Kultur im Osten verstellen. In Sachsen jedenfalls trägt sie eher zu einer Stärkung des Rechtsextremismus bei denn zu einer Schwächung. Der CDU in Sachsen sind Forschungsergebnisse dieser Art ein Dorn im Auge. Jochen Mattern, parlamentarisch-wissenschaftlicher Berater der Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag, Dresden