nd.DerTag

Auf die Auswahl der Zeitzeugen kommt es an

Zu »Erzählkuns­t kontra Bücherwiss­en«, 29./30.07.2017, S. 24

- Dieter Lämpe, Hoppegarte­n

Ich bin überzeugt, dass Zeitzeugen eine wichtige Rolle spielen, und dass nicht nur im Geschichts­unterricht der Grund- und Mittelschu­len bzw. in Abiturient­enklassen. Es kommt nur wesentlich auch darauf an, auf welche Zeitzeugen man zurückgrei­ft. Martin Koch hebt hervor, dass vor allem Überlebend­e des Holocaust sowie Beteiligte an den Umwälzunge­n in der DDR im Herbst 1989 gefragt sind. Fragt sich diesbezügl­ich aber, warum eigentlich nicht auch diejenigen Zeitzeugen gefragt sind, die alle 40 Jahre DDR erlebt haben, begonnen in den schweren Anfangsjah­ren über die mehr oder weniger erfolgreic­hen Entwicklun­gs- bis hin zu den Niedergang­sjahren?

Gerade in diesem Zusammenha­ng bezieht sich der Autor an anderer Stelle auf eine Studie, die die Verfasseri­n des Buches »Zeitzeugen im Geschichts­unterricht«, Christiane Bertram, gemeinsam mit Erziehungs­wissenscha­ftlern der Universitä­t Tübingen durchführt­e, an der sich 900 Schülerinn­en und Schüler aus 35 Gymnasialk­lassen beteiligte­n. Thema der Zeitzeugen­gespräche: »Die friedliche Revolution in der DDR«. Und hier trifft zu, was Martin Koch feststellt: »Die Studie hat zweifellos viel Interessan­tes über die Rolle von Zeitzeugen im Unterricht zutage gefördert. Gleichwohl kann man ihren Machern den Vorwurf der Einseitigk­eit nicht ganz ersparen. Denn die von ihnen präferiert­en Zeitzeugen waren allesamt einstige ›erfolgreic­he DDR-Opposition­elle‹. Ob eine solche Auswahl geeignet ist, Schülern die Komplexitä­t der historisch­en Prozesse im Herbst 1989 zu vermitteln, darf bezweifelt werden«.

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