Ungewisse Zukunft
Die Insolvenz der zweitgrößten deutschen Fluggesellschaft Air Berlin nährt bei den Beschäftigten neue Existenzängste
Die Beschäftigten von Air Berlin fühlen sich im Stich gelassen. Sie fürchten um ihre Jobs. Die Crew in Kabine und Cockpit kann auf neue Arbeitsplätze hoffen, schlecht sieht es hingegen für die Verwaltung aus. Nach jahrelangen Einschnitten, Opfern und Hoffen auf eine Trendwende überwiegt bei der Belegschaft der insolventen Fluggesellschaft Air Berlin nun wieder das Bangen. Während gescheiterte Manager wie der ehemalige Bahnchef Hartmut Mehdorn nach ihrem Ausscheiden aus der Air-Berlin-Chefetage weich gefallen sein dürften, droht den Beschäftigten ein harter Aufprall, wenn ihr Unternehmen in den kommenden Monaten zerschlagen werden könnte. Eine Filetierung von Air Berlin war bereits vor einem Jahr mit der Ankündigung eingeleitet worden, AirBerlin-Flugzeuge samt Personal an die Lufthansa-Tochter Eurowings zu vermieten. Die Lufthansa möchte nun offenbar Teile der Air-BerlinGruppe aufkaufen.
Die Nachricht der Air-Berlin-Insolvenz ist für die Mitarbeiter »ein Schock«, erklärte die Pilotengewerkschaft Cockpit. Ihr Präsident Ilja Schulz begrüßte den von der Bundesregierung zugesagten Brückenkredit in Höhe von 150 Millionen Euro. Er soll in Form eines Darlehens durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau zur Verfügung gestellt und durch eine Bundesbürgschaft abgesichert werden und vorerst eine Fortführung des Flugbetriebs gewährleisten. Nun müssten alle Beteiligten einschließlich der Zulieferer den Flugbetrieb wieder in geordnete Bahnen überführen, forderte der CockpitChef. Da der Luftverkehr in Deutschland kontinuierlich wachse, seien alle Voraussetzungen für den Erhalt der inländischen Arbeitsplätze gegeben, so Schulz.
Aus seiner Sicht ist die Air-BerlinKrise vor allem eine Folge falscher strategischer Weichenstellungen und Managemententscheidungen in zurückliegenden Jahren. »Da kann man schon mal die Frage stellen, wer davon profitiert hat, wenn etwa Leasinggeber an überteuerten Verträgen mit Air Berlin viel Geld verdienen, während das Unternehmen riesige Verluste angehäuft hat«, so Schulz. Eine maßgebliche Verantwortung sieht er bei dem Hauptinvestor Etihad. »Die Investoren vom Golf lassen Air Berlin fallen wie eine heiße Kartoffel, obwohl neue Investoren Interesse signalisiert haben«, bemängelte der Gewerkschafter. »Es ist ein Skandal, dass sich Etihad nun jeder Verantwortung entzieht und die Air-Berlin-Mitarbeiter im Regen stehen lässt.«
Die Gewerkschaft ver.di spricht den Kollegen in Kabine und Cockpit Mut zu. Sie hätten gute Aussichten auf neue Arbeitsplätze, sagt Christine Behle vom ver.di-Vorstand. »Für die Crews sind die Chancen sehr hoch.« Auf dem Markt werde viel Personal gesucht. Schwierig sei hingegen die Zukunft für die Verwaltungsmitarbeiter. »Da machen wir uns große Sorgen, denn jeder mögliche Übernehmer hat ja schon eine Verwaltung«, so Behle. Je nach Käufer gelte das auch für die Technik.
Mit 1200 Kollegen sind nach ver.diAngaben die meisten Verwaltungsmitarbeiter in der Berliner Zentrale beschäftigt, mehr als 100 von ihnen seien erst vor einigen Monaten von Düsseldorf dorthin gezogen. In der Technik arbeiten demnach in Berlin 700 Beschäftigte, in Düsseldorf 220. Die beiden Städte sind mit insgesamt jeweils rund 2900 Mitarbeitern die größten Air-Berlin-Standorte.
Ver.di forderte »tragfähige Konzepte« zur Rettung von möglichst vielen Arbeitsplätzen. Dabei seien Transparenz und die Einbeziehung von Belegschaft und Gewerkschaften in die weiteren Planungen erforderlich. Ihnen müssten »alle notwendigen Informationen« vorgelegt werden, erklärte Behle.
SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz kündigte an, er werde die anstehenden Verhandlungen über die Zukunft der Fluggesellschaft »vor allem im Interesse der Belegschaft sehr intensiv begleiten«.
Kritische Töne schlug unterdessen die größte Oppositionsfraktion im Bundestag an. »Der Crash von Air Berlin hat sich schon lange abgezeichnet, denn schon unter ChaosManager Hartmut Mehdorn wurden die Weichen auf Absturz gestellt«, so der LINKE-Bundestagsabgeordnete Herbert Behrens. Die 8600 Beschäftigte und ihre Familien dürften nicht allein gelassen werden, fordert der Verkehrs politiker und Gewerkschafter. Für B ehrens ist dieAir-Berl in- Insolvenz Ausdruck eines gnadenlosen Wettbewerbs inder Luftverkehrsbranche. Die EU-Gesetzgebung habe durch Deregulierungen Grauzonen geschaffen, in denen sich seit Jahren prekäre Beschäftigungsverhältnisse und unlautere Geschäftspraktiken ausbreiteten .» Dasn eo liberale Luftverkehrs wachstums modell zerstört nicht nur die Umwelt, sondern bedroht auch die Existenz Tausender Menschen, die täglich gute Arbeit leisten«, so Behrens.
Als» V er gesellschaftungd er Verluste« und» Vor abwahl geschenk ohne Auflagen, ohne Entlassung der inkompetenten Manager und ohneSic her heits garantien für die Beschäftigten« kritisiert eT hiesGle iss, Mitglied im Vorstand der Linkspartei, den Kredit der Bundesregierung. Er bringt in einem Facebook-Eintrag eine gänzlich andere Rettung ins Spiel: »Wie wäre es mit einer Zurück überführung aller deutschen Airlines in eine demokratischv er gesellschaft ete Mitarbeiter gesellschaft unter öffentlicher Kontrolle«, heißt es da.