nd.DerTag

Alles so schön bunt

Vor 50 Jahren startete in der BRD das Farbfernse­hen

- Eine Farbfernse­hkamera des NDR Von Jenny Tobien

Vor 50 Jahren gab Willy Brandt den Startschus­s für das Farbfernse­hen. Warum es am Anfang zu einer Panne kam, was die Technik mit Weltpoliti­k zu tun hatte und wie sich das Fernsehen entwickelt­e.

Zum Start des Farbfernse­hens in Westdeutsc­hland gab es erst einmal eine Panne. Am 25. August 1967 sollte der damalige Außenminis­ter und Vizekanzle­r Willy Brandt das neue TVZeitalte­r starten. Auf der Funkausste­llung in Berlin wurde eigens ein großer roter Knopf installier­t – eine Attrappe, wie sich kurz danach herausstel­lte. Denn als der SPD-Politiker – eben noch in Schwarz-weiß zu sehen – diesen um 10.57 Uhr feierlich drückte, war es schon zu spät. Das übertragen­e Fernsehbil­d war bereits bunt. Wahrschein­lich hatte ein nervöser Techniker wenige Sekunden zu früh reagiert. »Der Moment ist in die Technikges­chichte eingegange­n«, erinnert sich Jürgen Tewes, damals Ingenieur beim Sender Freies Berlin (SFB). Vielen Menschen in Westdeutsc­hland mag die Panne aber gar nicht aufgefalle­n sein. Nur einige Tausend Farbbildsc­hirme waren damals im Einsatz. Manch Glückliche­r konnte den historisch­en Anfang im eigenen Wohnzimmer erleben, andere mussten sich an Schaufenst­ern der Elektronik-Läden die Nasen platt drücken.

Die neue bunte Fernsehwel­t entsprach absolut dem Zeitgeist. Am Abend des 25. August erstrahlte der »Goldene Schuß« mit Vico Torriani in kolorierte­n Bildern. Andere Farbfernse­hsendungen der ersten Stunde waren »Was bin ich?« mit Robert Lembke, »Vergißmein­nicht« mit Peter Fran- kenfeld und natürlich US-Serien wie »Bonanza«, »Flipper« und »Bezaubernd­e Jeannie«. Anfangs verständig­ten sich ARD und ZDF darauf, nur vier Stunden die Woche Farbsendun­gen anzubieten. Nachrichte­n wie »heute« und die »Tagesschau« blieben gar bis 1970 im seriösen schwarzwei­ß.

Auch wenn die Bundesrepu­blik zu den ersten europäisch­en Ländern gehörte, die regelmäßig in Farbe ausstrahlt­en – im Vergleich zu den USA war man sehr spät dran. Auf der anderen Seite des Atlantiks wurde das Farbfernse­hen bereits 1954 nach dem sogenannte­n NTSC-Verfahren in Betrieb genommen, das zunächst noch einige Probleme aufwarf. »Man hatte dem System einen Spitznamen gegeben: »Never Twice The Same Colour«, erklärt Professor Ulrich Reimers vom Institut für Nachrichte­ntechnik der Technische­n Universitä­t Braun- der DDR wurde das Farbfernse­hen zwei Jahre nach dem Startschus­s in West-Berlin eingeführt – natürlich nicht per PAL, sondern wie in der Sowjetunio­n mit dem französisc­hen SECAM-System.

»In der Hoffnung auf viele friedlich-farbige aber auch spannend-farbige Ereignisse, gebe ich jetzt gewisserma­ßen den Startschus­s«, hatte Brandt bei seinem missglückt­en Startschus­s verkündet. Aber wie ging es in den nächsten fünf Jahrzehnte­n weiter?

Das Senderange­bot entwickelt­e sich stetig fort. Mitte der 1980er Jahre startet der kommerziel­le Sender RTL Plus. Mit knallbunte­n Shows wie »Tutti Frutti« zog das Privatfern­sehen in die westdeutsc­hen Wohnzimmer. Anfang der 1990er Jahre ging dann der Bezahlsend­er Premiere auf Sendung. Und heutzutage sind Streamingd­ienste wie Netflix, Maxdome und Amazon nicht mehr wegzudenke­n.

Technisch gab es große Sprünge: Auf das analoge Fernsehen folgte später das digitale. Dank DVB-T konnten die Zuschauer deutlich mehr Programme über die Antenne empfangen. Große Auswahl und Programm rund um die Uhr statt eine Handvoll Sender und Testbild. Auch die Qualität wurde zunehmend besser. Statt der anfänglich­en stark kolorierte­n Bilder gibt es heute die hochauflös­ende HD-Technik mit natürliche­n Farbkontra­sten.

Auch in Zeiten von Smartphone­s und Tablets ist die Nachfrage in Deutschlan­d nach Fernsehger­äten weiterhin hoch: Nach Angaben der gfu wurden im vergangene­n Jahr 6,9 Millionen Fernsehger­äte verkauft, 0,9 Prozent weniger als im Jahr zuvor. So sind die bunten Bewegtbild­er 50 Jahre nach dem Start des Farbfernse­hens nicht aus dem Alltag der Deutschen wegzudenke­n – im Gegenteil. Seit dem Jahr 2000 stieg die durchschni­ttliche TV-Sehdauer laut Branchenve­rband VPRT von 190 auf 223 Minuten pro Tag.

Auch wenn die Bundesrepu­blik zu den ersten europäisch­en Ländern gehörte, die regelmäßig in Farbe ausstrahlt­en – im Vergleich zu den USA war man sehr spät dran.

 ?? Foto: dpa/Willi Gutberlet ?? schweig. »Denn der Farbton war mal so und mal so.«
In Hannover entwickelt­e dann Ingenieur Walter Bruch in den 60er Jahren in den Forschungs­laboren von Telefunken das sogenannte PAL-Verfahren. »Es war nicht die ganz große Revolution, sondern es war die...
Foto: dpa/Willi Gutberlet schweig. »Denn der Farbton war mal so und mal so.« In Hannover entwickelt­e dann Ingenieur Walter Bruch in den 60er Jahren in den Forschungs­laboren von Telefunken das sogenannte PAL-Verfahren. »Es war nicht die ganz große Revolution, sondern es war die...

Newspapers in German

Newspapers from Germany