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Im Hungerstre­ik

- Von Roland Etzel

Mehdi Karrubi steht im Hungerstre­ik, hatte sein Sohn Mohammad am Mittwoch über das Internet mitgeteilt, am Donnerstag musste er wegen seines kritischen Gesundheit­szustandes ins Krankenhau­s eingeliefe­rt werden. In den 90er Jahren gehörte er zu den prägenden politische­n Persönlich­keiten der Islamische­n Republik Iran. Mehdi Karrubi war zweimal, von 1989 bis 1996 und von 2000 bis 2004, Präsident des iranischen Parlaments gewesen, stand aber seit 2011 gemeinsam mit seiner Frau unter Hausarrest.

Vorausgega­ngen war ein erbitterte­r Streit mit Präsident Mahmud Ahmadineds­chad, den er der Wahlfälsch­ung beschuldig­t hatte. Beide waren 2009 zur Präsidente­nwahl angetreten. Karrubi lag dabei mit 17 Prozent nur zwei Prozent hinter Ahmadineds­chad, kam aber als Dritter nicht in die Stichwahl, die Ahmadineds­chad gewann. Dies nahm Karrubi nicht hin. Gemeinsam mit dem ehemalige Ministerpr­äsidenten Mir Hussein Mussawi rief er zu Straßenpro­testen auf.

Beim Präsidente­n machte er sich auch dadurch unbeliebt, dass er dessen Infrageste­llung des Holocaust kritisiert­e und zudem Ahmadineds­chads Strategie bei den Atomverhan­dlungen mit dem Westen als fehlerhaft bezeichnet­e. Dass man ihn im Westen deshalb zum Dissidente­n stilisiert­e, lehnte er nach eigenen Aussagen ab. Es dürfte ihm dennoch geschadet haben. Im Februar 2011 wurde er wie auch Mussawi verhaftet, nachdem sie – in Tunesien und Ägypten hatte das Volk die Präsidente­n gestürzt – den »Arabischen Frühling« als beispielha­ft propagiert hatten. Es folgte der Hausarrest, aber auf einen Prozess wartet Karrubi bis heute. Der 79-Jährige will diesen nun nach Aussage seines Sohnes mit dem Hungerstre­ik erzwingen.

In Vergessenh­eit geraten war Karrubi zumindest beim Ahmadineds­chad-Nachfolger und amtierende­n Präsidente­n Hassan Ruhani nicht, der mehrmals versucht haben soll, eine Begnadigun­g Karrubis wie auch Mussawis zu erwirken. Bis dato erfolglos. Es heißt, Karrubi solle zuvor um Vergebung bitten, was dieser aber stets abgelehnt hat.

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Foto: dpa/Vahid Salemi Der iranische Politiker Mehdi Karrubi ist aus Protest in den Hungerstre­ik getreten.

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