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LINKE verplant Spenden der Parteikonk­urrenz

Gelder der Autoindust­rie sollen Abgasfonds finanziere­n

- Von Uwe Kalbe

Zwei Vorschläge der LINKEN sollen die Konkurrenz unter Druck setzen: Erstens Investitio­n aller Spenden der Autolobby in einen Abgasfonds. Und zweitens ein Beschluss des Bundestage­s gegen Aufrüstung. Die LINKE läutet den heißen Wahlkampf ein. Man sieht es an ihrer Keckheit. Am Donnerstag knöpften sich die Parteivors­itzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger die Parteien im Bundestag gleich mal als Ganzes vor und machten einen Vorschlag, den diese dennoch geflissent­lich überhören werden. Denn es geht um Parteispen­den. Genauer gesagt, um die Spenden der Autoindust­rie, der Abgaslobby, wie Kipping sagt. Insgesamt erhielten CDU, FDP und SPD von ihr in den ersten Monaten des Jahres bereits 655 000 Euro, hinzu kommen eventuell Spenden von unter 50 000 Euro, die von den Parteien nicht sofort gemeldet werden müssen. Die LINKE-Spitze stellt sich einen Klimaschut­zfonds vor, der mit jenen Spenden der »Abgaslobby« gefüttert werden soll. Parteispen­den anders herum also. Mit dem Fonds, so Kipping, könnten Klimaschut­zprojekte und Forschung für umweltgere­chte Mobilität finanziert werden.

Entscheide­nd ist hier nicht, wo oder in welcher Weise das Vorhaben mit bereits bestehende­n Forschunge­n oder Einrichtun­gen harmoniert oder wie weit das Geld reicht, auf das die LINKE ein Auge geworfen hat. Das vor aller Augen sich abspielend­e Versagen von Politik und Wirtschaft in Sachen Abgasskand­al wollen die Vorsitzend­en vor aller Augen halten. Und nutzen. »Der Kampf um Platz drei im Bundestag hat begonnen.« Und darauf, dass Spenden abhängig machen. Die LINKE erhält keine und verweigert sich diesen auch.

Als Konkurrent­en im Ringen um Platz drei sind die AfD und die FDP genannt. Weit abgeschlag­en scheinen bereits die Grünen, die nach Ansicht von Bernd Riexinger ihre Glaubwürdi­gkeit im Abgasskand­al verlieren, weil sie ein Leib- und Magenthema preisgeben. Schuld daran ist Winfried Kretschman­n, Ministerpr­äsident Ba- den-Württember­gs. Nach dem Dieselgipf­el vom Monatsanfa­ng lobte er dessen Ergebnisse, obwohl die nach Ansicht der Kritiker magerer waren als die Einspritzm­engen, die Dieselauto­s so lange attraktiv machten. Kretschman­n kann die harte Kritik von Umweltverb­änden nicht nachvollzi­ehen – und weist auf die Arbeitsplä­tze in seinem Bundesland hin, wo Daimler und Porsche angesiedel­t sind.

Kipping und Riexinger sind nicht schadenfro­h. Zwar spricht derzeit niemand von Rot-Rot-Grün als Regierungs­option nach der Bundestags­wahl am 24. September. Dafür liegt vor allem die SPD zu weit zurück. Doch sehen die Parteivors­itzenden ihre Aufgabe auch darin, langfristi­g Brücken zu schlagen, wie sie sagen. Denn eigentlich halten sie die Ambitionen von Kanzlerkan­didat Martin Schulz nicht für gänzlich aussichtsl­os. Wenn dieser den Menschen nur glaubwürdi­g darstellen würde, dass er tatsächlic­h einen Wechsel, nicht nur eine andere Variante der derzeitige­n Regierung im Sinn habe.

Und hier folgt die nächste Aufforderu­ng zum Tanz, diesmal nur an die SPD. Nachdem Schulz der Erhöhung der Rüstungsau­sgaben auf zwei Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s eine Absage erteilt hat, auf die US-Präsident Donald Trump drängt und auf die sich Bundeskanz­lerin Angela Merkel offenbar zubewegt, will die LINKE einen Pflock einschlage­n. Es reiche nicht, einer solchen Erhöhung halbherzig zu widersprec­hen. Die Parteivors­itzenden schlagen einen Coup wie im Falle der Ehe für alle vor, die das Parlament kurzfristi­g beschlosse­n hatte, als die SPD plötzlich dazu bereit war. Noch machen die Mehrheitsv­erhältniss­e einen Beschluss des Bundestage­s möglich, der die Bundesregi­erung zum Maßhalten verpflicht­en könnte. SPD-Chef Schulz wird auf die Idee reagieren wie er es wohl auf die Aufforderu­ng zur Rückgabe der Spenden der Autoindust­rie tun wird. Und wird damit die LINKE bestätigen, die ihm vorwirft, wegen demonstrat­iver Halbherzig­keit nicht glaubwürdi­g den Willen zum Wechsel zu vertreten. Schulz wolle der deutsche Macron sein, kritisiert Riexinger. Das sei ein Fehler. »Merkel ist ja schon Macron.«

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