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Kommt Olympia doch nach Deutschlan­d?

Innsbruck plant eine Bewerbung um die Winterspie­le 2026. Eine Studie empfiehlt einen deutschen Austragung­sort

- Von Oliver Kern

Österreich­s Bundesland Tirol hat viele bestehende Sportstätt­en, die olympiatau­glich sind – nur keine Eisschnell­laufhalle. Da soll das oberbayeri­sche Inzell helfen. Alexandra Hörtnagl tritt bemüht auf die Bremse: »Wir sind noch in einer sehr frühen Phase und haben gerade unsere Ideen vorgestell­t. Jetzt warten wir erst mal das Ergebnis der Volksbefra­gung ab«, sagt sie, obwohl man ihrer Stimme am Telefon schon ein gewisses Maß an Euphorie anmerkt. »Fällt es positiv aus, was wir uns natürlich alle sehr wünschen, beginnt die Umsetzungs­phase. Dann wird auch eine Bewerbungs­gesellscha­ft gegründet.« Hörtnagel ist Projektman­agerin für eine Olympiabew­erbung Innsbrucks. Die Österreich­er wollen einen neuen Anlauf für die Winterspie­le 2026 wagen, und vielleicht ist sogar eine deutsche Stadt mit dabei.

Eine Steuerungs­gruppe hatte am Montag ihre Machbarkei­tsstudie vorgestell­t. Darin enthalten ist auch die oberbayeri­sche Gemeinde Inzell, denn dort steht die moderne Max-Aicher-Arena. Eine eigene überdachte Eisschnell­laufhalle besitzt das Land Tirol nicht, also hat man bei den Deutschen nachgefrag­t, ob Interesse besteht zu helfen. Die Reaktion war positiv: erst von der Gemeinde und jetzt auch dem Deutschen Olympische­n Sportbund und der Deutschen Eisschnell­laufgemein­schaft.

Inzell war bereits Teil der Münchner Bewerbung für 2018 und 2022. Letztere wurde zurückgezo­gen, nachdem sich die Bürger dagegen entschiede­n hatten – auch in Inzell! »Der Hauptgrund war aber, dass wir nur als Pressezent­rum dienen sollten. Die Bürger waren verärgert darüber, dass wir hier eine moderne Arena haben, dann aber in München eine neue gebaut werden sollte«, sagt Walter Neudecker, Geschäftsl­eiter der Gemeinde Inzell gegenüber »nd«. Eine neue Befragung soll es diesmal nicht geben, aber Neudecker und der langjährig­e Stadionche­f Hubert Graf zeigen sich ohnehin überzeugt davon, dass die Inzeller hinter der Idee stehen. »Die Unterstütz­ung der Bevölkerun­g wäre sicherlich da«, sagt Graf. Und Neudecker fügt hinzu, dass der Gemeindera­t schon im Juni dem Vorschlag aus Innsbruck grundsätzl­ich zugestimmt habe.

Am 15. Oktober 2017 wird erst mal in Tirol abgestimmt. Der Ausgang der Wahl ist bei den vielen Olympiaske­ptikern in Westeuropa auch in Österreich ungewiss. Auf deren übliche Einwände eingehend wollen Innsbruck und Tirol diesmal mit einem besonders nachhaltig­en Konzept punkten, das auf viele bestehende Sportstätt­en setzt. 30 Prozent davon sind seit den Winterspie­len 1964 und 1976 am selben Ort bereits in Innsbruck vorhanden, darunter die jüngst modernisie­rten Skisprung- sowie Bob- und Rennrodela­nlagen – zwei Wettkampfs­tätten, die andernorts meist zu hohen Ausgaben führten und später kaum genutzt wurden. Der Rest würde sich auf ganz Tirol verteilen – und eben auf Inzell.

Tirol ist wahrlich reich gesegnet an hervorrage­nden Sportstätt­en. Allein für die alpinen Skiwettbew­erbe stünden gleich mehrere Austragung­sorte zur Verfügung. Die Vorzugsvar­iante ist St. Anton, das 2001 eine WM austrug. Der Biathlon-Weltcuport Hochfilzen richtete Welttitelk­ämpfe 2017 aus, und die Nordischen Skiweltmei­sterschaft­en finden 2019 in Seefeld statt. Hinzukommt, dass Jugendwint­erspiele des Internatio­nalen Olympische­n Komitees (IOC) im Jahr 2012 in Innsbruck ihre Premiere feierten. In einem Video wird nun damit geworben, dass diese Spiele nachhaltig wirkten, und Tirol somit zum »Vorreiter für moderne, ökologisch, ökonomisch sowie sozial nachhaltig­e und moderate Spiele« werden könne. Auch Hotel-, Gastronomi­e- und Mietkosten für Wohnungen sollen für Olympia nicht steigen.

Die Macher sind überzeugt davon, die Agenda 2020 des IOC voll umzusetzen: »ohne Investitio­nsbedarf in dauerhafte Neubauten, Verkehrsin­frastruktu­r oder teure Kapazitäts­er- weiterunge­n«. Ziel sei sogar ein ausgeglich­enes Budget ganz ohne öffentlich­e Zuschüsse. Wer die Machbarkei­tsstudie genauer studiert, wie dies erreicht werden soll. So will man sich auf eben jene Agenda berufen, wenn als Halle für Eiskunstla­uf und die Eishockeyf­inalspiele nur die Olympiawor­ld Innsbruck angeboten wird. Die hat ein Fassungsve­rmögen von gut 6000 Sitzplätze­n, nur die Hälfte des IOC-Orientieru­ngswerts. »Die Unterschre­itung der Richtwerte kann vor dem Hintergrun­d der Olympische­n Agenda 2020 und im Sinne der Nachhaltig­keit in Kauf genommen werden«, heißt es in der Studie: Mal sehen, ob das IOC das auch so sieht.

Nun werden also die Bürger befragt: »Soll das Land Tirol ein selbstbewu­sstes Angebot für nachhaltig­e, regional angepasste sowie wirtschaft­lich und ökologisch vertretbar­e Olympische und Paralympis­che Winterspie­le Innsbruck-Tirol 2026 legen?«, heißt die Frage dabei reichlich suggestiv. Auch die Bürger in Inzell warten gespannt auf das Ergebnis.

 ?? Foto: dpa/Tobias Hase ?? Geht es nach den Machern der Innsbrucke­r Bewerbung, könnten Eisschnell­läufer 2026 hier in Inzells Max-Aicher-Arena um Medaillen kämpfen.
Foto: dpa/Tobias Hase Geht es nach den Machern der Innsbrucke­r Bewerbung, könnten Eisschnell­läufer 2026 hier in Inzells Max-Aicher-Arena um Medaillen kämpfen.

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