Kommt Olympia doch nach Deutschland?
Innsbruck plant eine Bewerbung um die Winterspiele 2026. Eine Studie empfiehlt einen deutschen Austragungsort
Österreichs Bundesland Tirol hat viele bestehende Sportstätten, die olympiatauglich sind – nur keine Eisschnelllaufhalle. Da soll das oberbayerische Inzell helfen. Alexandra Hörtnagl tritt bemüht auf die Bremse: »Wir sind noch in einer sehr frühen Phase und haben gerade unsere Ideen vorgestellt. Jetzt warten wir erst mal das Ergebnis der Volksbefragung ab«, sagt sie, obwohl man ihrer Stimme am Telefon schon ein gewisses Maß an Euphorie anmerkt. »Fällt es positiv aus, was wir uns natürlich alle sehr wünschen, beginnt die Umsetzungsphase. Dann wird auch eine Bewerbungsgesellschaft gegründet.« Hörtnagel ist Projektmanagerin für eine Olympiabewerbung Innsbrucks. Die Österreicher wollen einen neuen Anlauf für die Winterspiele 2026 wagen, und vielleicht ist sogar eine deutsche Stadt mit dabei.
Eine Steuerungsgruppe hatte am Montag ihre Machbarkeitsstudie vorgestellt. Darin enthalten ist auch die oberbayerische Gemeinde Inzell, denn dort steht die moderne Max-Aicher-Arena. Eine eigene überdachte Eisschnelllaufhalle besitzt das Land Tirol nicht, also hat man bei den Deutschen nachgefragt, ob Interesse besteht zu helfen. Die Reaktion war positiv: erst von der Gemeinde und jetzt auch dem Deutschen Olympischen Sportbund und der Deutschen Eisschnelllaufgemeinschaft.
Inzell war bereits Teil der Münchner Bewerbung für 2018 und 2022. Letztere wurde zurückgezogen, nachdem sich die Bürger dagegen entschieden hatten – auch in Inzell! »Der Hauptgrund war aber, dass wir nur als Pressezentrum dienen sollten. Die Bürger waren verärgert darüber, dass wir hier eine moderne Arena haben, dann aber in München eine neue gebaut werden sollte«, sagt Walter Neudecker, Geschäftsleiter der Gemeinde Inzell gegenüber »nd«. Eine neue Befragung soll es diesmal nicht geben, aber Neudecker und der langjährige Stadionchef Hubert Graf zeigen sich ohnehin überzeugt davon, dass die Inzeller hinter der Idee stehen. »Die Unterstützung der Bevölkerung wäre sicherlich da«, sagt Graf. Und Neudecker fügt hinzu, dass der Gemeinderat schon im Juni dem Vorschlag aus Innsbruck grundsätzlich zugestimmt habe.
Am 15. Oktober 2017 wird erst mal in Tirol abgestimmt. Der Ausgang der Wahl ist bei den vielen Olympiaskeptikern in Westeuropa auch in Österreich ungewiss. Auf deren übliche Einwände eingehend wollen Innsbruck und Tirol diesmal mit einem besonders nachhaltigen Konzept punkten, das auf viele bestehende Sportstätten setzt. 30 Prozent davon sind seit den Winterspielen 1964 und 1976 am selben Ort bereits in Innsbruck vorhanden, darunter die jüngst modernisierten Skisprung- sowie Bob- und Rennrodelanlagen – zwei Wettkampfstätten, die andernorts meist zu hohen Ausgaben führten und später kaum genutzt wurden. Der Rest würde sich auf ganz Tirol verteilen – und eben auf Inzell.
Tirol ist wahrlich reich gesegnet an hervorragenden Sportstätten. Allein für die alpinen Skiwettbewerbe stünden gleich mehrere Austragungsorte zur Verfügung. Die Vorzugsvariante ist St. Anton, das 2001 eine WM austrug. Der Biathlon-Weltcuport Hochfilzen richtete Welttitelkämpfe 2017 aus, und die Nordischen Skiweltmeisterschaften finden 2019 in Seefeld statt. Hinzukommt, dass Jugendwinterspiele des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) im Jahr 2012 in Innsbruck ihre Premiere feierten. In einem Video wird nun damit geworben, dass diese Spiele nachhaltig wirkten, und Tirol somit zum »Vorreiter für moderne, ökologisch, ökonomisch sowie sozial nachhaltige und moderate Spiele« werden könne. Auch Hotel-, Gastronomie- und Mietkosten für Wohnungen sollen für Olympia nicht steigen.
Die Macher sind überzeugt davon, die Agenda 2020 des IOC voll umzusetzen: »ohne Investitionsbedarf in dauerhafte Neubauten, Verkehrsinfrastruktur oder teure Kapazitätser- weiterungen«. Ziel sei sogar ein ausgeglichenes Budget ganz ohne öffentliche Zuschüsse. Wer die Machbarkeitsstudie genauer studiert, wie dies erreicht werden soll. So will man sich auf eben jene Agenda berufen, wenn als Halle für Eiskunstlauf und die Eishockeyfinalspiele nur die Olympiaworld Innsbruck angeboten wird. Die hat ein Fassungsvermögen von gut 6000 Sitzplätzen, nur die Hälfte des IOC-Orientierungswerts. »Die Unterschreitung der Richtwerte kann vor dem Hintergrund der Olympischen Agenda 2020 und im Sinne der Nachhaltigkeit in Kauf genommen werden«, heißt es in der Studie: Mal sehen, ob das IOC das auch so sieht.
Nun werden also die Bürger befragt: »Soll das Land Tirol ein selbstbewusstes Angebot für nachhaltige, regional angepasste sowie wirtschaftlich und ökologisch vertretbare Olympische und Paralympische Winterspiele Innsbruck-Tirol 2026 legen?«, heißt die Frage dabei reichlich suggestiv. Auch die Bürger in Inzell warten gespannt auf das Ergebnis.