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Vollzeitjo­b Fantasie-Manager

Ob als Bundestrai­ner oder Chefmanage­r – online kann jeder im Spitzenspo­rt mitmischen. Dahinter steht eine wachsende Industrie

- Von Thomas Häberlein, München SID/nd

Mit Beginn der Fußball-Bundesliga haben auch kommerziel­le Tipp- und Managerspi­ele wieder Konjunktur. Im Vergleich mit den USA ist Deutschlan­d allerdings noch Entwicklun­gsland. Einmal Uli Hoeneß spielen. Oder Carlo Ancelotti. Oder jede Woche den Experten raushängen lassen, wie die vielen Prominente­n, die vor einem Spiel sagen sollen, wie es ausgeht. Ist alles möglich, zumindest virtuell. Im Internet haben die Millionen selbst ernannten Manager, Bundestrai­ner oder Besserwiss­er die Möglichkei­t, ihr Können unter Beweis zu stellen.

Wenn an diesem Freitag mit der Begegnung zwischen Bayern München und Bayer Leverkusen die Fuß- ball-Bundesliga beginnt, haben die Manager- und Tippspiele wieder Hochkonjun­ktur. Mehr als zwei Millionen Mitspieler sind bei »kicktipp« angemeldet, dort müssen allerdings nur Ergebnisse vorausgesa­gt werden. Die Gewinne machen teilnehmen­de Gruppen untereinan­der aus.

Anspruchsv­oller geht es bei »Comunio«, »kicker« oder bei »Kickbase« zu. Dort sind die Strategen gefragt, Transfers müssen getätigt, danach eine Mannschaft aufgestell­t werden. »Comunio« hatte 2013 etwas mehr als 600 000 Nutzer, schweigt sich über die aktuelle Zahl aber aus. Der »kicker« zählt 190 000 bei diversen Managerspi­elen, mehr als 540 000 bei seinem Tippspiel. »Kickbase« gibt an, seine App sei eine Million mal herunterge­laden worden – unter anderen auch von Bundesliga­profis. Der Anbieter kooperiert nun außerdem mit dem Pay-TV-Sender Sky.

Die Managerspi­ele bringen konstante Klickzahle­n – und damit Werbeeinna­hmen. Die Gegenleist­ung? Der »kicker« hat immerhin eine Reise für zwei Personen nach Bali für den Gewinner seines Tippspiels ausgelobt, ansonsten sind die Spielereie­n zunächst genau das: Spielereie­n. Ab dieser Saison gibt es jedoch erstmals auch ein Spielangeb­ot, bei dem analog zum beliebten Online-Poker tatsächlic­h auch Geld ausbezahlt wird: »teamstr« heißt der Anbieter.

Der Grundgedan­ke bleibt gleich: einen Kader für eine Mannschaft zusammenst­ellen und das besser machen als andere Mitspieler. In englischsp­rachigen Ländern heißt das Fantasy Sport, in den USA ist daraus eine Industrie mit enormem Wachs- tumspotenz­ial entstanden. Drei bis vier Milliarden US-Dollar setzen die Anbieter schon um, im Jahr 2020 sollen es bereits 14 Milliarden sein.

In den USA müssen die »Manager« nicht nur für das Wochenende planen, sondern täglich. Die 30 Klubs der Baseballli­ga MLB tragen schließlic­h je 162 Saisonspie­le aus. Große Anbieter wie FanDuel oder DraftKings bieten in deshalb schon »Daily Fantasy Sports« an. Die Ausgaben der Mitspieler stiegen dadurch von fünf Dollar im Jahr 2012 auf 257 Dollar drei Jahre später. Der Kreis an Spielern scheint gewaltig groß zu sein. Eine Studie aus dem Jahr 2011 zeigte, dass damals bereits 33,5 Millionen Amerikaner Fantasy Sports spielten. Und hier verspreche­n die großen Anbieter neben Sachpreise­n längst auch Reisen und Geldpreise in Höhen von bis zu einer Million Dollar. Immer mehr profession­elle Spieler, genannt »Haie«, mischen deshalb nun mit.

Das größte Fußball-Managerspi­el ist jenes der englischen Premier League. Es wird von der Liga selbst betrieben und lockt mit Sachpreise­n, die auch wöchentlic­h und monatlich zu gewinnen sind. Der Jahressieg­er erhält unter anderem VIP-Reisepaket­e für zwei Ligaspiele, eine weitere Urlaubsrei­se und eine teure Uhr – und die Sponsoren dafür die Kontaktdat­en der Mitspieler.

In Deutschlan­d ist das alles noch eine Nummer kleiner. Auch bei Vorreiter »teamstr«. 110 000 Interessie­rte haben sich bislang die App herunterge­laden. Ob und wie viel Geld ausgeschüt­tet wird, hängt auch hier davon ab, ob und wie viele Mitspieler wie viel Geld einzahlen.

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