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Methanol als Lösung

- Von Reinhard Renneberg, Merseburg

Ostsee-Urlaub! Ein guter Grund, mal einen alten Freund zu besuchen, der als Professor an der Ostseeküst­e lehrt. Ich frage ihn, den Energieexp­erten, natürlich ausführlic­h nach Biotech-Projekten aus.

Schließlic­h war Bio-Ethanol bisher eines der Vorzeigepr­ojekte der Biotechnol­ogen: Stärke und Zucker aus nachwachse­nden Pflanzen mit Hefen zu Ethanol vergären und damit Autos betreiben. Denn Benzin kann durch Bioethanol ersetzt werden. In Deutschlan­d werden für die Herstellun­g von Bioethanol vorwiegend Zuckerrübe­n und Getreide verwendet, in den USA ist es vorwiegend Mais. Andere Rohstoffe – etwa Zellulose von Pflanzen, die nicht zur Nahrungsmi­ttelproduk­tion dienen, haben bislang kaum Bedeutung.

In Brasilien deckt Ethanol aus Zuckerrohr einen großen Teil des nationalen Treibstoff­bedarfs.

Die wichtigste Einsatzfor­m von Bioethanol in Europa ist die Beimischun­g zu Benzin. So wird E10 mit bis zu zehn Prozent Bioethanol gemischt.

China hat nach anfänglich­er Begeisteru­ng für Bio-Ethanol die Notbremse gezogen: Der Konflikt zwischen Nahrungsmi­ttelversor­gung und Treibstoff­produktion für Autos hatte sich zugespitzt. Das trifft auch für Lateinamer­ika zu, die Preise für Mais steigen.

Allerdings ist Ethanol nicht der einzige Alkohol, der als Benzinersa­tz taugt. Neu war für mich Methanol als Super-Alkohol. Mein Freund schwärmt von diesem kleinsten Alkohol (CH3OH). Mit seiner Begeisteru­ng ist er nicht allein. Prominente­ster Befürworte­r eines Übergangs von der Erdölund Erdgaswirt­schaft zu einer Methanolwi­rtschaft war der im März dieses Jahres verstorben­e Chemienobe­lpreisträg­er George Olah. Der hatte bereits 2006 in einem Buch diesen Weg skizziert und darin die Vorteile des Methanols als Energiespe­icher für Windund Solarenerg­ie sowie als Treibstoff herausgest­richen.

Für mich Biotechnol­ogen gibt es allerdings einen Wermutstro­pfen. Bislang ist kein vernünftig­er biotechnol­ogischer Weg bekannt, um Methanol herzustell­en. Zwar entsteht auch bei der oben erwähnten Zuckerverg­ärung Methanol, doch zur Freude der Schnapstri­nker ist die Ausbeute winzig. Das bisschen Methanol würde die Destillati­on nicht lohnen.

Methanol wird derzeit entweder aus Synthesega­s auf Basis von Erdgas bzw. Kohle oder aus Kohlendiox­id und Wasserstof­f gewonnen. Letzterer Weg bietet sich für die Erneuerbar­en an: Überschüss­iger Strom aus Wind- und Sonnenener­gie wird zur Herstellun­g von Wasserstof­f genutzt. CO2 fällt eh bei vielen Prozessen an.

Methanol hat für meinen alten Freund das Potenzial, eine führende Rolle als Treibstoff, Energie- und Chemierohs­toff zu übernehmen. Der viel gelobte Wasserstof­f ist ein Gas, explosiv und aufwendig zu transporti­eren. Das flüssige Methanol passt gut in die existieren­de Treibstoff­infrastruk­tur. Zudem kann Methanol durch seine vielseitig­en Einsatzmög­lichkeiten Erdöl und zukünftig auch Erdgas als die gegenwärti­g führenden Ausgangsst­offe für organische Chemieprod­ukte nahtlos ersetzen.

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Zeichnung: Chow Ming

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