Front National streitet über Euro-Austritt und Neonazis in den USA
Seit sich Marine Le Pen bei der französischen Präsidentschaftswahl geschlagen geben musste, debattiert die rechte Partei über die Gründe
Die Kandidatin der Front National, Maine Le Pen, unterlag bei der Präsidentschaftswahl Macron. Auch bei der Parlamentswahl schnitt die FN schwach ab. Seitdem gibt es Streit um Grundsätzliches. Dass die Front National (FN) mit mehreren Stimmen spricht, unter anderem, um unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen zu erreichen, ist man mittlerweile gewohnt.
So auch nach den jüngsten Terrorangriffen, für die die nordamerikanische neonazistische Rechte verantwortlich zeichnet. Im Zusammenhang mit dem Mord in Charlottesville erklärte der 35 Jahre alte stellvertretende Vorsitzende der französischen neofaschistischen Partei, Florian Phlippot, man verurteile »die Anhänger weißer Vorherrschaft und jegliche Gewalt«. Nun wolle man aber auch den Vorwurf nicht mehr hören, man selbst zähle zur extremen Rechten. »Rechtsextrem, das sind die Irren, die man in den USA gesehen hat«, so Phlippot. Dagegen erklärte der 67-jährige frühere Vizechef der Partei und Europaparlamentarier Bruno Gollnisch: »Die Initiative (zur Gewalt) ging von den antifaschistischen Gegendemonstranten aus.« Darüber hinaus wolle er nicht »die ethnisch-politischen Konflikte der USA nach Frankreich importieren.«
Auch zu anderen Themen bleibt die Partei, die sich nur mühsam und im Streit von der – in ihren Augen unerwartet deutlichen – Wahlniederlage bei der Präsidentschaftswahl vom 7. Mai dieses Jahres erholt, gespalten. Am 21. und 22. Juli veranstalteten die Führungsspitzen der FN ein »Strategieseminar« – bereits das zweite in Folge, nach einer vorausgegangenen ähnlichen Veranstaltung, die im Februar 2016 stattgefunden hatte.
In beiden Fällen konnte man sich nur auf Formelkompromisse einigen. Es ging jeweils darum, weshalb es die FN trotz hoher Wahlergebnisse seit Jahren nicht schafft, diese Erfolge in institutionellen Einfluss umzuwandeln. Mit acht Sitzen in der Nationalversammlung und ohne Fraktionsstärke hat die FN seit der Parlamentswahl im Juni nur eine begrenzte parlamentarische Relevanz erlangt.
Streit gab es bei dem Strategieseminar auch um das Thema, das von vielen innerhalb der Front National inzwischen für die Stagnation verantwortlich gemacht wird: den EuroAustritt. Letztendlich einigte man sich hier auf einen neuerlichen Formelkompromiss: Ein Austritt aus der europäischen Währung wird von der FN nach wie vor angestrebt, jedoch im Falle einer Machtbeteiligung »nicht zum Beginn, sondern erst als Zielmarke für das Ende der Legislatur- periode«. Damit können vorläufig beide Seiten, Befürworter und Kritiker der Parteiführung und dieser Forderung, irgendwie leben.
Bei der FN eskalieren jedoch besonders seit Ende Juni die innerparteilichen Konflikte. Die FN-Chefin Marine Le Pen hat Anfang Juli angekündigt, dass beim nächsten Parteitag – er ist für Februar oder März 2018 geplant – eine »Neugründung« anstehe. Diese dürfte sich vor allem in einer geplanten Namensänderung für die Partei niederschlagen, die Marine Le Pen noch wenige Wochen zuvor ablehnte, nun jedoch befürwortet. Wohl auch, um andere Änderungen inhaltlicher Art abzubügeln.
Sophie Montel ist Vorsitzende der FN-Fraktion im Regionalparlament Bourgogne-Franche Comté in Ost- frankreich, wo die Partei bei den Regionalwahlen 2015 ihren höchsten Stimmenanteil erhielt. Sie steht dem Vize Florian Phlippot nahe und schlug ihrerseits nach dem Scheitern bei der Parlamentswahl vor, die Selbstdarstellung der Partei beim Thema Einwanderung zu überdenken.
Man möge sich für eine »weniger Angst erweckende Kommunikation« entscheiden, so Montel. Ihre Beweggründe dafür dürften eher strategischer als moralischer Natur sein. Doch dass sie nunmehr an ideologischen Grundfesten der Partei bei deren Kernthema Immigration und Identität zu rütteln beabsichtigte, wurde der 47-Jährigen zum Verhängnis. Am 30. Juni dieses Jahres wurde sie durch Marine Le Pen kalt abserviert und verlor ihren Fraktionsvorsitz.
FN-Chefin Marine Le Pen hat angekündigt, dass beim nächsten Parteitag eine »Neugründung« anstehe.