nd.DerTag

Unmut über Wahlverbot­e für Behinderte

Beauftragt­e fordert Zulassung zum Urnengang

- Vk/Agenturen

Berlin. Viele Menschen mit Handicaps sind in der Bundesrepu­blik von Wahlen ausgeschlo­ssen. Daran gibt es seit langem Kritik. Nun verlangt die Behinderte­nbeauftrag­te der Bundesregi­erung, Verena Bentele, eine rasche Zulassung aller Menschen mit Behinderun­g zu den Wahlen. Für die Abstimmung über den neuen Bundestag im September kommt das aber zu spät. Betroffen sind laut einer Studie aus dem vergangene­n Jahr rund 85 000 Menschen.

»Ich habe die Erwartung, dass dieses Thema nicht weiter auf die lange Bank geschoben wird, sondern in den nächsten Koalitions­vertrag aufgenomme­n und dann vom neuen Bundestag schnell angepackt wird«, sagte Bentele der Deutschen Presseagen­tur.

Im Bundeswahl­gesetz von 1956 wird das Grundrecht zu wählen eingeschrä­nkt. Nach Paragraf 13 ist vom aktiven und passiven Wahlrecht unter anderem derjenige ausgeschlo­ssen, »für den zur Besorgung aller seiner Angelegenh­eiten ein Betreuer ... bestellt ist«. Dazu kommen Menschen, die im Zustand der Strafunfäh­igkeit eine Straftat begangen haben und in einer psychiatri­schen Einrichtun­g untergebra­cht sind.

Von der Bundestags­wahl 2013 waren rund 84 550 Personen aus diesen Gründen ausgeschlo­ssen. 96,1 Prozent von ihnen sind »dauerhaft Vollbetreu­te«, 3,9 Prozent »schuldunfä­hige Straftäter«.

Sozialmini­sterin Andrea Nahles (SPD) hatte es bei der Vorlage einer Studie über die Wahlaussch­lüsse von Menschen mit Behinderun­gen und anderen als »aufrütteln­d« bezeichnet, wie viele betroffen sind. »Auch die ungleiche regionale Verteilung« sei erschrecke­nd. Laut der Studie im Auftrag ihre Ministeriu­ms zeigte sich, dass »die Zahl der Menschen, denen dieses verfassung­smäßige Recht aufgrund der Vollbetreu­ung verwehrt bleibt, zum Beispiel in Bayern pro 100 000 Personen 26-mal so hoch ist wie in Bremen«. Nahles hatte erklärt, sie sei der Überzeugun­g: »Alle Menschen, die dazu in der Lage sind, müssen wählen dürfen. Technische­r Fortschrit­t und Assistenz machen vieles möglich«.

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