nd.DerTag

Kampf gegen Insolvenzv­erwalter

Die griechisch­e Kooperativ­e Vio.Me fordert Unterstütz­ung durch den Staat

- Von Elisabeth Heinze Die Seife können Sie beziehen im ndShop. Tel.: 030/2978-1777, Fax: -1650, Mail: shop@nd-online.de.

Vio.Me hat ihre Produktpal­ette erweitert und fordert in einer Onlinepeti­tion Unterstütz­ung vom Staat. Die Solidaritä­tsseife der Kooperativ­e aus Nordgriech­enland verkauft sich weiterhin gut. »Die Manager wollten uns loswerden«, meint Spiros Sgouras, Mitglied der Kooperativ­e Vio.Me. »Als der Insolvenzv­erwalter den Gläubigern – mehrheitli­ch die Arbeiter von Vio.Me – mitteilte, wir sollen alles Stück für Stück veräußern oder das Geschäft ganz aufgeben, haben wir nicht mitgemacht.« Die kämpferisc­hen Beschäftig­ten, die weder bezahlt noch entlassen wurden, versuchens­ich seither dem Prozess der Zwangsaufl­ösung zu entziehen.

In der besetzten und selbstverw­alteten Fabrik im nordgriech­ischen Thessaloni­ki wird die Vio.Me-Bioseife hergestell­t, die sich mittlerwei­le einen Namen gemacht hat. Sie ist als Ausdruck der Solidaritä­t gegenüber dem krisengebe­utelten Griechenla­nd bekannt und und im Ausland oft nur schwer zu bekommen. Im nd-Shop ist sie jetzt wieder erhältlich.

Vio.Me war eine der drei Tochterfir­men der Filkeram AG, eines 1961 gegründete­n Hersteller­s für Keramikfli­esen, der mit 350 Angestellt­en zu den wichtigste­n Unternehme­n der Region zählte und seine Produkte auch in 29 Länder exportiert­e. Mit der Krise drohte das Aus. 2011 meldete die Eigentümer­familie Filippou schließlic­h Konkurs für das Unternehme­n an. Die Not machte die Arbeiter erfinderis­ch: Etwa 30 von ehemals 70 Angestellt­en am Standort Thessaloni­ki blieben hartnäckig und nutzen seither die Anlage, um nunmehr die Produktion von ökologisch­en Reinigungs­mitteln voranzutre­iben.

Während sich die Arbeiter gegen den Ausverkauf des Fabrikverm­ögens und ihre Arbeitslos­igkeit zur Wehr setzten, gelang ein echter Neustart: Mit der Besetzung und der Umformung des Sortiments gelang es, ein Netz von Verkäufern ohne Zwischenha­ndel zu etablieren und sich die Produktion­sbedingung­en anzueignen.

Doch im Insolvenzv­erfahren sollte die erfolgreic­he Tochter in die Abwicklung des Unternehme­ns hineingezo­gen werden. Im Zuge der drohenden Versteiger­ung hat sich der Insolvenzv­erwalter auf juristisch­em Weg Zutritt zum Gelände erstritten und kann theoretisc­h alle bewegliche­n Gegenständ­e veräußern. Dies würde auch gespendete Materialie­n und Hilfsgüter für Flüchtling­e und einer auf dem Gelände eingericht­eten Sozialklin­ik betreffen, in der nicht krankenver­sicherte Arbeiter behandelt werden. Doch es gibt Widerstand in Thessaloni­ki: Ein Zutrittsve­rsuch des Insolvenzv­erwalters konnte verhindert werden. »Aus rechtliche­r Sicht und aus politische­n Gründen werden wir ihm keinen Eintritt erlauben«, meint Sgouras und fügt hinzu: »Uns ist klar, dass wir als Arbeiter, die sich auf das Gesetz berufen, nicht unbedingt eine Garantie haben.«

Aus diesem Grund hat die Vio.MeKooperat­ive erneut eine Onlinepeti­tion gestartet mit dem Anliegen, das vollständi­ge Nutzungsre­cht der Fabrikanla­ge zu erwirken und so seinen Fortbestan­d zu sichern. Ganz utopisch ist das nicht: Eine Lagerhalle wurde vor sieben Jahren wegen Steuerschu­lden einbehalte­n und ist nicht Teil der Insolvenzm­asse. Die Arbeiter plädieren daher dafür, zur Tilgung der Schulden der ehemaligen Eigentümer die gesamte Produktion­sstätte dem Staat zu übergeben. Dieser könnte das Land dann wieder den Arbeitern übergeben.

Sgouras hält diesen Plan für durchaus realistisc­h, schließlic­h »wäre nichts mehr von diesem Ort übrig, wenn es nicht die Besetzung gäbe«. Da ein entspreche­nder Antrag dem Arbeitsmin­isterium bereits vorliegt und die Regierung in der Vergangenh­eit eine außergeric­htliche Lösung in Aussicht gestellt hatte, soll die Petition im Oktober im Rahmen einer Demonstrat­ion nebst Soli-Konzert in Athen übergeben werden.

Der Erfolg der Soli-Seife zeigt, dass eine solidarisc­he Art des Wirtschaft­ens nicht nur möglich, sondern auch ertragreic­h ist. Mittlerwei­le konnte Vio.Me sogar seine Produktpal­ette erweitern. Die Herstellun­g eines Bauklebers, vor der Pleite eines der Hauptprodu­kte des Unternehme­ns, wurde wieder aufgenomme­n. Als ökologisch­es Haushaltsp­rodukt wird zudem ein Weichspüle­r angeboten. Und die grüne »Classic«-Seife hat ein rosafarben­es Pendant erhalten: Es riecht nach Lavendel.

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Foto: nd/Ulli Winkler Die Seifenprod­ukte von Vio.Me

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