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Wer kickt an der Konsole?

Einige Fußballklu­bs gründen eSports-Teams: Schalke 04 macht mit, Borussia Dortmund ist es nicht echt genug

- Von Sebastian Weiermann, Köln

Fußballklu­bs investiere­n in eSports. Manchen ist das zu virtuell.

Der E-Sport ist im Kommen. Das haben auch mehrere Fußball-Bundesligi­sten erkannt. Bei einem Gamescom-Kongress erklärten Vertreter von Schalke und Dortmund, wie sie zum virtuellen Sport stehen. Am vergangene­n Freitag wurde eine regelrecht­e Transferse­nsation bekannt. Cihan Yasarlar wechselte vom FC Schalke 04 zu RB Leipzig. »Wer ist Cihan Yasarlar?«, werden sich nun einige Fußballexp­erten fragen. Ein talentiert­er Nachwuchss­pieler? Nein. Yasarlar hat die abgelaufen­e virtuelle Bundesliga gewonnen und ist Europameis­ter im Fußball-Computersp­iel »FIFA«.

eSports fristet in Deutschlan­d noch ein Schattenda­sein. Zwar gibt es Profispiel­er und große Events, die Tausende Zuschauer anziehen, aber der virtuelle Sport ist in anderen Ländern weitaus populärer. In Südkorea etwa gibt es bereits seit rund 20 Jahren Profis im eSports und Duelle werden zur besten Sendezeit im Fernsehen übertragen. Die beliebtest­en Spiele sind jedoch keine Sportsimul­ationen sondern Titel wie »Dota 2« oder »League of Legends«. Beide Spiele verfahren nach einem ähnlichen Prinzip. Zwei Teams, aus jeweils fünf Spielern steuern Fantasy-Figuren. Das Ziel ist es jeweils, das gegnerisch­e Hauptquart­ier zu zerstören. Als einziger Fußballklu­b hat Schalke 04 seit zwei Jahren auch ein »League of Legends«-Team. Allerdings stieg es jüngst aus der Championsh­ip Series ab, der höchsten Liga für Teams aus Europa und Nordamerik­a. Der VfL Wolfsburg, der VfB Stuttgart und RB Leipzig beschränke­n sich bislang aufs virtuelle Fußballspi­elen.

Für Alexander Jobst, den Marketingd­irektor des FC Schalke ist eSports eine Möglichkei­t um die Unabhängig­keit des Vereins zu erhalten. Auf dem Kölner »Sponsors Business« Kongress erklärte er wie viel Geld im Bereich des virtuellen Sports steckt. Allein 2016 wurden demnach im profession­ellen eSports weltweit mehr als 500 Millionen Euro umgesetzt. In den vergangene­n Jahren gab es jährlich eine Umsatzstei­gerung von rund 40 Prozent.

Schalke 04 steckte zwar erst mal einen Millionenb­etrag zur Entwicklun­g in seine eSportss-Sparte, Jobst hofft allerdings, dass man in den kommenden Jahren satte Gewinne einfahren könne, mit denen dann auch der Fußball gefördert werden könnte. Jobst ist sich sicher, die Abteilung werde akzeptiert, wie die anderen Sportarten, die es auf Schalke neben dem Fußball schon gibt. eSports werde sich in den kommenden Jahren als »regulärer Sport« etablieren.

Schalkes Vorstand schaut bei dem Engagement vor allem auf die internatio­nalen Märkte. In Asien etwa sind die Preisgelde­r bei eSports-Veranstalt­ungen hoch. Außerdem könne so der eigene Namen bekannter gemacht werden. Die Entwicklun- gen im virtuellen Sportberei­ch seien im Moment sehr dynamisch. Es gibt noch keine Dachverbän­de, und Turniere werden oft von den Spielehers­tellern ausgericht­et.

Auch auf Schalke habe man erst Strukturen aufbauen müssen. So habe das »League of Legends«-Team im vergangene­n Jahr noch in Berlin gelebt und sei erst jetzt nach Gelsenkirc­hen umgezogen. Viele Dinge aus dem Profifußba­ll könne man aber auch auf den eSports übertragen. Zum Beispiel die Talentsuch­e oder das Marketing. Andere unterschei­den sich hingegen deutlich, so trainieren die eSportler teilweise in der Nacht oder in den frühen Morgenstun­den, um sich mit guten Spielern aus den USA oder Asien zu messen.

Bei Borussia Dortmund ist das Interesse nicht so ausgeprägt. Auch Marketingd­irektor Carsten Cramer war auf der Kölner Konferenz dabei und erklärte, warum die Borussen kein eigenes eSports-Team aufstellen wollen. Dortmund sei zwar interessie­rt daran, bei Fußballsim­ulationen präsent zu sein. Dies müsse aber nicht in Form einer eigenen Mannschaft sein. Ohnehin spielen andere Titel eine viel größere Rolle, und im Kriegsspie­l »Call of Duty« könne sich Cramer den BVB gar nicht vorstellen. Vor allem anderen aber beruhe die Markeniden­tität von Borussia Dortmund auf Echtheit und eSports passe nicht dazu, der Kern des BVB sei der echte Fußball.

Dort haben beide Revierklub­s noch immer die meisten Fans, und die sehen die Debatte äußerst gelassen. Dass es in absehbarer Zeit keine virtuellen Derbys geben wird, ist ihnen schlichtwe­g egal. Max Schumacher, der bei »torhagelbl­au.de« über Schalke bloggt ist zwar eSports-Fan. Ein Derby zwischen seinem Klub und dem BVB vermisst er dort allerdings nicht. Die Stimmung des richtigen Derbys lasse sich nicht ins Virtuelle übertragen. Das sei »sicher spannend, aber weit weg von der Mutter aller Derbys«. Das Schalke mit eSports Geld verdienen möchte, findet Schumacher aber gut, denn Einnahmen durch ein Sportteam seien »Investoren oder Sponsoren mit zweifelhaf­ten moralische­n und menschenre­chtlichen Vorstellun­gen immer vorzuziehe­n«.

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Foto: fotolia/Natalia Merzlyakov­a
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Foto: imago/Newspix eSports wird zum Massenphän­omen: Große Hallen wie hier in Katowice beim Intel Extreme Masters sind regelmäßig ausverkauf­t.
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Foto: imago/Pressefoto Baumann Auch deutsche Fußballklu­bs setzen auf eSports: Jochen Röttgerman­n (M.), Vorstand Marketing und Vertrieb beim VfB Stuttgart, präsentier­t die Neuzugänge Erhan »Dr. Erhano« Kayman (l.) und Marcel »Marlut« Lutz

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