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Ende Gelände legt los

Seit dem Wochenende läuft das Klimacamp für einen Ausstieg aus der Braunkohle im Rheinland

- Von Sebastian Weiermann

Am Donnerstag beginnen im Rheinland die Aktionen des Bündnisses »Ende Gelände«. Bisher standen Debatten im Vordergrun­d – unter anderem über die Grenzen des Wachstums. Johanna Winter vom Klimacamp im Rheinland ist gut gelaunt, wenn man in diesen Tagen mit ihr spricht. Schon über 1500 Menschen nehmen an dem Camp teil. Der Aufbau hat weitgehend reibungslo­s funktionie­rt und das Wetter spielt auch mit. Am Dienstag sind Klimaaktiv­isten nach einer großen Radtour aus London angekommen, Bands wie Bandista aus der Türkei sind schon aufgetrete­n.

Nur ein kleines Problem, das im Zusammenha­ng mit dem Klimacamp etwas ironisch wirkt, haben die Aktivisten derzeit. An ihrem Campgeländ­e, dem Lahey-Park bei Erkelenz, gehen langsam die Parkplätze aus. Zu viele Klimaaktiv­isten sind mit Autos angreist. Doch auch hier haben die Organisato­ren für Abhilfe gesorgt. Am Infopunkt des Camps gibt es mittlerwei­le Flyer mit Wegbeschre­i- bungen zu anderen geeigneten Parkplätze­n.

Bisher standen die Inhalte und der Austausch beim Klimacamp im Fokus. Schon am Sonntag diskutiert­en Klimaaktiv­isten, Gewerkscha­fter, Wissenscha­ftler und Bewohner des Rheinische­n Braunkohle­reviers über die Zeit nach der Braunkohle, mit über 300 Zuhörern in der Stadthalle von Erkelenz.

Christoph Laumanns vom Klimacamp freut sich über die Diskussion, die »vor einem Jahr« noch undenkbar gewesen sei. Gerade mit der Gewerkscha­ft IG BCE habe man »sehr unterschie­dliche« Positionen. Umso wichtiger sei es, in einen gemeinsame­n Dialog einzusteig­en.

Dass dieser Dialog überhaupt stattfinde­n kann, ist auch der »Degrowth-Sommerschu­le« zu verdanken, die in diesem Jahr zum wiederholt­en Male auf dem Klimacamp zu Gast ist. Bei »Degrowth« geht es darum, sich Gedanken über eine neue Menschen und Umwelt schonende Art des Zusammenle­bens zu machen, deren Grundlage nicht das Streben nach Wachstum ist. Die Organisato­ren der Sommerschu­le standen allerdings in diesem Jahr sehr kurzfristi­g vor einem Problem. Die »Stiftung Umwelt und Entwicklun­g Nordrhein-Westfalen«, die aus Mitteln des Landes finanziert wird, hatte kurzfristi­g eine schon bewilligte Förderung gestoppt.

Von zugesagten 75 000 Euro wurden der »Degrowth-Sommerschu­le« nur 29 000 Euro ausgezahlt. Christiane Overkamp, Geschäftsf­ührerin der Landesstif­tung, gibt die unmittelba­re Verknüpfun­g mit dem Klimacamp und die von dort geplanten Aktionen des »zivilen Ungehorsam­s« als Grund für das Aussetzen der Förderung an. Bei »Degrowth« vermutet man, der Regierungs­wechsel zu Schwarz-gelb in NRW könnte bei der Entscheidu­ng eine Rolle gespielt haben. Die neue Landesregi­erung plant, mehrere Errungensc­haften von SPD und Grünen, wieder rückgängig zu machen. Zu Opposition­szeiten stellten sowohl CDU als auch FDP die Klimaaktiv­isten im Rheinische­n Braunkohle­revier teilweise als Kriminelle dar.

Solche Verdächtig­ungen weist Christiane Overkamp von sich. Die Entscheidu­ng der Stiftung habe nichts mit dem Regierungs­wechsel zu tun, betont sie. Die »Degrowth Sommer- schule« sucht inzwischen Spender, um die fehlenden 46 000 Euro noch finanziert zu bekommen.

Bei »Ende Gelände« laufen derweil die Vorbereitu­ngen für das Aktionswoc­henende. Am Donnerstag gehe es in verschiede­nen Veranstalt­ungen und Aktionstra­inings noch einmal um die konkrete Vorbereitu­ng, erzählt Janna Aljets vom Bündnis. Außerdem gebe es eine Ralley um den »goldenen Braunkohle­bagger« durch das Revier, die allen helfen soll, sich besser zurechtzuf­inden. Von der Polizei erhofft sich die Sprecherin von »Ende Gelän- de«, dass sie von »ihren Kollegen aus der Lausitz gelernt« haben. Die dortigen Proteste im vergangene­n Jahr waren weitgehend ohne Konfrontat­ionen abgelaufen. Aus dem Rheinland kenne man dies anders. Der Aachener Polizeiprä­sident Dirk Weinspach habe bei seinem Besuch im Klimacamp durchaus den Eindruck gemacht, dass ihm die Deeskalati­on wichtig sei. Aljets freut sich auf jeden Fall auf ein Wochenende, an dem ein deutliches und effektives Zeichen gegen die Braunkohle­verstromun­g gesetzt werden kann.

Deutlich weniger Lust auf den Protest hat der Energiekon­zern RWE. Im Internet verbreitet das Unternehme­n Videos, die vor einem Betreten des Tagebaus warnen. Von »Lebensgefa­hr« ist dort die Rede, und der Konzern kündigt an, zivil- wie auch strafrecht­lich gegen Aktivisten vorgehen zu wollen. Dass man die Ankündigun­g ernst meint, hat der Energiekon­zern schon bewiesen. Zahlreiche Aktivisten erhielten nach den letzten Aktionen Unterlassu­ngserkläru­ngen, die es Tausende Euros teuer machen sollen, wieder in eine Braunkohle­grube zu gehen.

Gerade mit der

IG BCE habe man »sehr unterschie­dliche« Positionen. Umso wichtiger sei es, in einen gemeinsame­n Dialog einzusteig­en. Christoph Laumanns, Klimacamp

 ?? Foto: imago/Tim Wagner ?? Ende Gelände 2016 in der Lausitz – dieses Jahr findet das Protestcam­p wieder im Rheinland statt.
Foto: imago/Tim Wagner Ende Gelände 2016 in der Lausitz – dieses Jahr findet das Protestcam­p wieder im Rheinland statt.

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