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Linke Parteien für Bürgervers­icherung

SPD, Grüne und LINKE wollen die gesetzlich­e Rente mit Steuermitt­eln stärken. CDU und FDP hingegen könnten in einer gemeinsame­n Koalition das Eintrittsa­lter erhöhen

- Von Roland Bunzenthal

Die CDU stiehlt sich aus dem Rentenwahl­kampf und plant stillschwe­igend die Rente mit 70. Linke Parteien verspreche­n hingegen die Stärkung der gesetzlich­en Rente. Die Union kneift im Wahlkampf bei der Rente. Nachdem die SPD ihre Pläne für die Altersvors­orge vorgelegt hat, hätte man erwarten können, dass auch CDU/CSU sich auf ein gemeinsame­s Konzept einigen. Doch das Wahlprogra­mm der Union enthält ganze vier Zeilen zum Thema Rente. Knapp wird darin der Fahrplan für die nächste Legislatur­periode beschriebe­n: Die Gründung einer Expertenko­mmission, die bis Ende 2019 Vorschläge für eine Reform der Altersvers­orgung erstellen soll.

Die Union könnte den Plan verfolgen, mit der Reputation von Experten im Rücken rechtzeiti­g vor der übernächst­en Wahl im Jahr 2021 den Wählern die Rente mit 70 aufzudrück­en. Im gesamten Wahlprogra­mm der Union liegt der Schwerpunk­t eindeutig auf Steuersenk­ung – die Reformen der Einkommens­steuer und weitere Entlastung­en würden rund 30 Milliarden Euro kosten. Weil die Union dennoch an einem ausgeglich­enen Haushalt festhält – die schwarze Null wird auch im Wahlprogra­mm beschworen – hat sie keinen Spielraum mehr im Etat, um die gesetzlich­e Rente zu stärken.

Auch die AfD besteht auf den Verzicht auf Neuverschu­ldung. Entspreche­nd knapp hält sie ihr Rentenprog­ramm. Die einzige konkrete Forderung ist, Erziehungs­leistungen von Eltern in der Rentenvers­icherung aufzuwerte­n. Abgesehen davon webt die AfD ihre Ideen zur Rente in die bekannte Euro-Kritik ein: Weil wegen der derzeitige­n Niedrigzin­spolitik die Erträge aus der privaten Altersvors­orge gegen Null gehen, soll Deutschlan­d zu Stärkung der Rente die Währungsun­ion verlassen.

Die FDP gibt indes ein höheres Renteneint­rittsalter als Ziel aus – und schreibt das so auch in ihr Wahlprogra­mm hinein. Nach ihrem Willen soll ermöglicht werden, bis 68, 69 oder 70 Jahre zu arbeiten. Das allerdings flexibel, wie es heißt: »Ab 60 soll jeder selbst entscheide­n, wann er in Rente geht.« Bedingung soll sein, dass die Rente trotz fälliger Abschläge von 3,6 Prozent pro vorgezogen­em Ruhestands­jahr immer noch über dem Grundsiche­rungsnivea­u liegt. Ist das jedoch nicht der Fall, müssten Erwerbstät­ige bis 70 arbeiten.

Die Grünen geben ein angemessen­es Rentennive­au bei stabilen Beiträgen als Ziel ihrer Rentenpoli­tik aus. Erreichen wollen sie das durch die Weiterentw­icklung der gesetzlich­en Rente zu einer Bürgervers­icherung – damit würde für einige Jahre die Zahl der Beitragsza­hler erhöht. Den gleichen Effekt erhofft man sich von der Erhöhung der Erwerbsbet­eiligung von Frauen. Zudem wollen die Grünen das Lohnniveau erhöhen und dadurch die Rentenkass­e füllen. Weiterhin sollen die private und betrieblic­he Altersvors­orge staatlich gefördert werden.

Bis auf die Linksparte­i sind alle Parteien der Auffassung, dass nur mit dieser zusätzlich­en kapitalged­eckten Altersvors­orge der Lebensstan­dard von Rentnern gesichert werden kann. Die Grünen fordern allerdings eine grundlegen­de Reform der RiesterRen­te. Auch die SPD plant Veränderun­gen: Sie will die staatliche Grundzulag­e erhöhen und Versichere­r verpflicht­en, Produktinf­ormatio- nen transparen­ter und verständli­cher zu formuliere­n.

Grüne und SPD halten an dem 2005 beschlosse­nen Anstieg des Renteneint­rittsalter­s von 65 auf 67 Jahre bis 2029 fest. Nur die LINKE will zurück zu der früheren Altersgren­ze von 65 Jahren.

Als Mittel gegen Altersarmu­t schlagen die drei linken Parteien eine Mindestren­te vor. Die beträgt bei den Grünen 850 Euro und bei der Linksparte­i 1050 Euro. Die SPD setzt die Höhe der Mindestren­te zehn Prozent über dem Niveau der Grundsiche­rung an. Die drei Parteien sind sich ebenfalls einig, die Rentenvers­icherung mittelfris­tig zu einer Bürgervers­icherung auszubauen. In die sollen auch Beamte, Selbststän­dige und Abgeordnet­e einzahlen.

Der Vergleich der Wahlprogra­mme wird dadurch erschwert, dass die Parteien sich zur Gegenfinan­zierung ihrer Vorschläge kaum äußern. Eine Ausnahme ist die SPD. Um das bislang absinkende Rentennive­au zu stabilisie­ren, will sie den Beitragssa­tz langsam von derzeit 18,9 Prozent auf 22 Prozent bis zum Jahr 2029 erhöhen. Die Linksparte­i würde die Erhöhung des Rentennive­aus auf 53 Prozent sogar mit dem Anstieg des Beitragsat­zes auf 25 oder 26 Prozent refinanzie­ren. Außerdem möchte sie die Beitragsbe­messungsgr­enze abschaffen, damit auch hohe Einkommen vollständi­g beitragspf­lichtig sind.

Die Grünen haben den umfangreic­hsten Forderungs­katalog in ihrem Wahlprogra­mm. Dagegen weist das Konzept der Linksparte­i das größte Umverteilu­ngsvolumen auf: Ihre Forderung, dass Rentennive­au auf 53 Prozent zu heben entspricht einem finanziell­en Mehraufwan­d von rund 80 Milliarden Euro.

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