Linke Parteien für Bürgerversicherung
SPD, Grüne und LINKE wollen die gesetzliche Rente mit Steuermitteln stärken. CDU und FDP hingegen könnten in einer gemeinsamen Koalition das Eintrittsalter erhöhen
Die CDU stiehlt sich aus dem Rentenwahlkampf und plant stillschweigend die Rente mit 70. Linke Parteien versprechen hingegen die Stärkung der gesetzlichen Rente. Die Union kneift im Wahlkampf bei der Rente. Nachdem die SPD ihre Pläne für die Altersvorsorge vorgelegt hat, hätte man erwarten können, dass auch CDU/CSU sich auf ein gemeinsames Konzept einigen. Doch das Wahlprogramm der Union enthält ganze vier Zeilen zum Thema Rente. Knapp wird darin der Fahrplan für die nächste Legislaturperiode beschrieben: Die Gründung einer Expertenkommission, die bis Ende 2019 Vorschläge für eine Reform der Altersversorgung erstellen soll.
Die Union könnte den Plan verfolgen, mit der Reputation von Experten im Rücken rechtzeitig vor der übernächsten Wahl im Jahr 2021 den Wählern die Rente mit 70 aufzudrücken. Im gesamten Wahlprogramm der Union liegt der Schwerpunkt eindeutig auf Steuersenkung – die Reformen der Einkommenssteuer und weitere Entlastungen würden rund 30 Milliarden Euro kosten. Weil die Union dennoch an einem ausgeglichenen Haushalt festhält – die schwarze Null wird auch im Wahlprogramm beschworen – hat sie keinen Spielraum mehr im Etat, um die gesetzliche Rente zu stärken.
Auch die AfD besteht auf den Verzicht auf Neuverschuldung. Entsprechend knapp hält sie ihr Rentenprogramm. Die einzige konkrete Forderung ist, Erziehungsleistungen von Eltern in der Rentenversicherung aufzuwerten. Abgesehen davon webt die AfD ihre Ideen zur Rente in die bekannte Euro-Kritik ein: Weil wegen der derzeitigen Niedrigzinspolitik die Erträge aus der privaten Altersvorsorge gegen Null gehen, soll Deutschland zu Stärkung der Rente die Währungsunion verlassen.
Die FDP gibt indes ein höheres Renteneintrittsalter als Ziel aus – und schreibt das so auch in ihr Wahlprogramm hinein. Nach ihrem Willen soll ermöglicht werden, bis 68, 69 oder 70 Jahre zu arbeiten. Das allerdings flexibel, wie es heißt: »Ab 60 soll jeder selbst entscheiden, wann er in Rente geht.« Bedingung soll sein, dass die Rente trotz fälliger Abschläge von 3,6 Prozent pro vorgezogenem Ruhestandsjahr immer noch über dem Grundsicherungsniveau liegt. Ist das jedoch nicht der Fall, müssten Erwerbstätige bis 70 arbeiten.
Die Grünen geben ein angemessenes Rentenniveau bei stabilen Beiträgen als Ziel ihrer Rentenpolitik aus. Erreichen wollen sie das durch die Weiterentwicklung der gesetzlichen Rente zu einer Bürgerversicherung – damit würde für einige Jahre die Zahl der Beitragszahler erhöht. Den gleichen Effekt erhofft man sich von der Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von Frauen. Zudem wollen die Grünen das Lohnniveau erhöhen und dadurch die Rentenkasse füllen. Weiterhin sollen die private und betriebliche Altersvorsorge staatlich gefördert werden.
Bis auf die Linkspartei sind alle Parteien der Auffassung, dass nur mit dieser zusätzlichen kapitalgedeckten Altersvorsorge der Lebensstandard von Rentnern gesichert werden kann. Die Grünen fordern allerdings eine grundlegende Reform der RiesterRente. Auch die SPD plant Veränderungen: Sie will die staatliche Grundzulage erhöhen und Versicherer verpflichten, Produktinformatio- nen transparenter und verständlicher zu formulieren.
Grüne und SPD halten an dem 2005 beschlossenen Anstieg des Renteneintrittsalters von 65 auf 67 Jahre bis 2029 fest. Nur die LINKE will zurück zu der früheren Altersgrenze von 65 Jahren.
Als Mittel gegen Altersarmut schlagen die drei linken Parteien eine Mindestrente vor. Die beträgt bei den Grünen 850 Euro und bei der Linkspartei 1050 Euro. Die SPD setzt die Höhe der Mindestrente zehn Prozent über dem Niveau der Grundsicherung an. Die drei Parteien sind sich ebenfalls einig, die Rentenversicherung mittelfristig zu einer Bürgerversicherung auszubauen. In die sollen auch Beamte, Selbstständige und Abgeordnete einzahlen.
Der Vergleich der Wahlprogramme wird dadurch erschwert, dass die Parteien sich zur Gegenfinanzierung ihrer Vorschläge kaum äußern. Eine Ausnahme ist die SPD. Um das bislang absinkende Rentenniveau zu stabilisieren, will sie den Beitragssatz langsam von derzeit 18,9 Prozent auf 22 Prozent bis zum Jahr 2029 erhöhen. Die Linkspartei würde die Erhöhung des Rentenniveaus auf 53 Prozent sogar mit dem Anstieg des Beitragsatzes auf 25 oder 26 Prozent refinanzieren. Außerdem möchte sie die Beitragsbemessungsgrenze abschaffen, damit auch hohe Einkommen vollständig beitragspflichtig sind.
Die Grünen haben den umfangreichsten Forderungskatalog in ihrem Wahlprogramm. Dagegen weist das Konzept der Linkspartei das größte Umverteilungsvolumen auf: Ihre Forderung, dass Rentenniveau auf 53 Prozent zu heben entspricht einem finanziellen Mehraufwand von rund 80 Milliarden Euro.