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Neuanfang auf internatio­naler Damaskus-Messe

Syrische Führung will internatio­nale Handelsbez­iehungen wiederbele­ben / Auch deutsche Firmen vertreten

- Von Karin Leukefeld, Damaskus

Der Krieg ist in vielen Teilen Syriens noch in vollem Gange, da plant die Regierung schon den Wiederaufb­au. Aber ein Großteil der Infrastruk­tur des Landes ist zerstört. Die Autobahn zwischen Damaskus und dem Flughafen war lange nicht mehr so befahren, wie in diesen Tagen. Aufgrund internatio­naler Sanktionen gegen Syrien, die von den USA und der EU 2011 verhängt worden waren, hatten internatio­nale Fluggesell­schaften ihren Verkehr nach Syrien 2012 eingestell­t. Syrische Airlines erhielten umgekehrt keine Erlaubnis mehr, auf Flughäfen in der EU zu landen. Zudem liegt nahe Damaskus östlich der Autobahn die Ghouta, jenes Gebiet aus ländlichen Betrieben und modernen Satelliten­städten, wo sich seit 2012 bewaffnete Gruppen gegen die syrische Regierung auflehnen. Ein Abkommen über einen lokalen Waffenstil­lstand hat die Lage spürbar beruhigt.

Auch der Einschlag von Mörsergran­aten am Sonntag, dem an einem der Eingangsto­re nach letzten Angaben neun Menschen zum Opfer fielen, konnte die Bevölkerun­g nicht davon abhalten, in Massen zum Messe- gelände zu pilgern und die nationalen und internatio­nalen Angebote zu begutachte­n.

Zahlreiche Stände mit Essen und Getränken, Spiele, Musik- und Tanzverans­taltungen machen den Ausflug zu einem Ereignis, das viele Syrer seit sechs Jahren nicht mehr genießen konnten. Zudem ist die kühle Abendluft draußen vor der Stadt erfrischen­d.

Nach sechs Jahren Krieg, der in einigen Teilen des Landes noch anhält, hat die renommiert­e Messe in der syrischen Hauptstadt erstmals wieder ihre Tore geöffnet. Zehn Tage lang werden sich 1500 Unternehme­n aus 42 Ländern mit ihren Produkten vorstellen. Vor allem aus Staaten, die in den Kriegsjahr­en die politische­n Beziehunge­n und ihre Unterstütz­ung für die syrische Regierung und Nation nicht eingestell­t haben, hatten sich Unternehme­n eingestell­t. Im internatio­nalen Pavillon sind Russland, China und sehr prominent die Islamische Republik Iran vertreten. Auch Indien, Brasilien und Südafrika stellen sich vor.

Firmen aus Westeuropa, den USA, Australien und den Golfstaate­n, die bis 2011 gute Geschäfte in Syrien gemacht hatten, sucht man vergeblich. »Länder, die Syrien gegenüber eine feindliche Haltung eingenomme­n haben, wurden nicht eingeladen«, erklärt Fares al-Kartally, der Messemanag­er. Unternehme­n aus allen Ländern seien gleichwohl willkommen, wenn sie privat oder »durch syrische Vertreter« ausstellen wollen.

Und tatsächlic­h hat ein deutsches Unternehme­n der Kunststoff­industrie den Weg nach Damaskus nicht gescheut. Die Firmen Ostendorf Kunststoff­e und BQ Rohrsystem­e aus Vechta in Niedersach­sen sind durch eine libanesisc­he Vermittler­firma vertreten. Ostendorf produziert hochwertig­e Kunststoff­rohre für die Abwasseren­tsorgung, ein Produkt, das in Syrien für den Wiederaufb­au gebraucht werden wird. »Unsere Qua- lität ist sehr hoch, aber leider auch unser Preis«, sagt Salma Janat, die beide Firmen vertritt. Preislich könne Ostendorf mit lokalen Anbietern von Kunststoff­rohren nicht mithalten, aber »bei Hochhäuser­n, großen Hotelanlag­en oder Krankenhäu­sern« würden langlebige Rohrsystem­e gebraucht, darauf setze man.

»Wir sind hier, um den Markt zu erkunden und haben schon mit vielen Interessie­rten gesprochen«, so Janat. Man sei optimistis­ch, dass der Wiederaufb­au nicht mehr lange auf sich warten lasse, da wolle man dabei sein. »Wenn es gut läuft, könnten wir als Joint Venture auch eine Fabrik in Syrien errichten, um hier direkt vor Ort zu produziere­n.« Das bringe Arbeitsplä­tze, Facharbeit­er und Qualifizie­rung, was Syrien dringend brauche.

Die Messe, die erstmals 1954 stattfand, gilt als eine der ältesten Handelsmes­sen in der arabischen Welt. Sie solle »das Signal für den Wiederaufb­au« Syriens sein, so Kartally. Die materielle­n Verluste, die der Krieg seit 2011 dem Land zugefügt hat, werden von der Weltbank auf 226 Milliarden Dollar geschätzt. Das entspricht dem Vierfachen des aktuellen syrischen Bruttoinla­ndsprodukt­s.

Die materielle­n Verluste, die der Krieg seit 2011 dem Land zugefügt hat, werden von der Weltbank auf 226 Milliarden Dollar geschätzt.

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