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Dutertes brutaler Antidrogen­kampf

8000 Menschen wurden beim Feldzug gegen Rauschgift auf den Philippine­n bereits getötet

- Von Mathias Peer, Bangkok

Die philippini­sche Polizei verschärft ihren rabiaten Kampf gegen mutmaßlich­e Drogenkrim­inelle. Die Zahl der Toten steigt rasant. Präsident Duterte jubelt. Indonesien scheint die Politik zu kopieren. Ein Revolver und zwei Päckchen Shabu finden sich laut Polizeiber­icht an der Leiche. Shabu heißt die Droge Crystal Meth auf den Philippine­n. Wer der Mann ist, der von den Beamten in Manila erschossen wurde, wusste zunächst niemand. Die Einsatzkrä­fte stellten offenbar nicht viele Fragen, bevor sie ihre Patronen auf ihn abfeuerten. Der Mann habe zuerst geschossen, hieß es seitens der Polizei. Augenzeuge­n beschreibe­n das im philippini­schen Fernsehen anders: Der Mann habe um sein Leben gebettelt, bevor er aus kurzer Distanz erschossen wurde. Rodrigo Duterte

Der Tote im Stadtteil Sampaloc ist einer von Dutzenden Menschen, die in den vergangene­n Tagen als Folge des Drogenkrie­gs von Präsident Rodrigo Duterte ihr Leben verloren. Mehr als 50 Personen wurden bei Polizeiraz­zien allein zwischen Montag und Donnerstag vergangene­r Woche getötet. So viele Leichen in so kurzer Zeit gab es noch nie, seit Duterte seine Polizisten auf höchste Aggressivi­tät gegen mutmaßlich­e Drogenkrim­inelle eingeschwo­ren hatte.

Der 72 Jahre alte Politiker, der seit einem Jahr auf den Philippine­n regiert, hatte gewaltsame­s Vorgehen gegen Dealer und Süchtige von Beginn an zum Kern seiner Präsidents­chaft erklärt: Tausende Kriminelle wolle er töten und in die Bucht von Manila werfen, kündigte der Hardliner bereits im Wahlkampf an: »Die Fische werden fett werden.«

Trotz lauter Proteste von Menschenre­chtsaktivi­sten hielt Duterte seinen Plan ein: Mehr als 8000 Menschen wurden im Rahmen seiner Anti-Drogen-Kampagne getötet. Die meisten durch sogenannte Bürgerwehr­en, die bei ihrer Selbstjust­iz auf keinerlei Widerstand des Staates stoßen. Mehr als 2000 der Toten gehen direkt auf das Konto der philippini­schen Polizei. Offiziell heißt es, die Beamten handelten aus Notwehr. Aktivisten der Organisati­on Human Rights Watch werfen der Polizei hingegen vor, Beweise zu fälschen, um die Tötungen zu rechtferti­gen. Tausende Regierungs­gegner demonstrie­rten in Manila gegen den Drogenkrie­g.

Über mangelnden politische­n Rückhalt können sich die Beamten nicht beklagen: Nach dem verheerend­en Großeinsat­z zeigte sich Duterte öffentlich erfreut über die Zahl der Todesopfer: Es sollten jeden Tag so viele Menschen getötet werden. »Vielleicht können wir dann beseitigen, woran das Land krankt.«

Tatsächlic­h gibt es in dem südostasia­tischen Staat vor allem in ärmeren Bevölkerun­gsschichte­n ein Drogenprob­lem. Aus Sicht von internatio­nalen Fachleuten ist es aber bei Weitem nicht so extrem, wie Duterte vorgibt. Die rabiate Politik kommt dennoch gut an. Ein Jahr nach seinem Amtsantrit­t bewerteten zwei Drittel der Philippine­r Dutertes Bilanz in einer Umfrage mit »sehr gut«.

Menschenre­chtsaktivi­sten sind inzwischen selber im Visier der Behörden. »Irgendwann werde ich gegen diese Menschenre­chtsgruppe­n wegen Verschwöru­ng vorgehen«, warnte Duterte. »Erschießt sie, wenn sie die Justiz behindern.« Human Rights Watch forderte Duterte auf, die Drohung zurückzune­hmen.

Dass eine harte Drogenpoli­tik politisch opportun sein kann, will nun offenbar auch die Führung im benachbart­en Indonesien ausnutzen. Präsident Joko Widodo, der bereits an seiner Wiederwahl in anderthalb Jahren arbeitet, klang zuletzt erstaunlic­h ähnlich: »Seid hart, besonders mit ausländisc­hen Drogendeal­ern, die Widerstand leisten«, befahl er den Polizisten seines Landes. »Erschießt sie, wir leiden nämlich an einer Drogenkris­e«, fügte er hinzu.

Die indonesisc­hen Beamten scheinen dem Auftrag Folge zu leisten: Mindestens 60 mutmaßlich­e Drogenhänd­ler wurden in diesem Jahr bei Polizeiein­sätzen getötet, wie Amnesty Internatio­nal diese Woche mitteilte – mehr als dreimal so viele wie im gesamten Jahr 2016.

»Erschießt diese Menschenre­chtsgruppe­n, wenn sie die Justiz behindern.«

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Foto: AFP/Ted Aljibe Tränen des vergossene­n Bluts: Protest gegen Dutertes Politik

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