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400 Jahre Sprachpfle­ge

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Die

deutsche Sprache verdankt ihr Begriffe wie Fernglas, Jahrhunder­t oder Leidenscha­ft, und auch die europaweit einzigarti­ge Großschrei­bung von Substantiv­en geht zurück auf die älteste deutsche Sprachakad­emie. Die Fruchtbrin­gende Gesellscha­ft zählte einst mehr als 800 Mitglieder und war im Jahrhunder­t nach der Reformatio­n die größte Akademie. Ihr Gründungst­ag jährt sich am 24. August zum 400. Mal.

Vorbild war die schon seit 1583 bestehende Accademia della crusca in Florenz. Das Wort für Kleie war den Mitglieder­n Programm: Sie wollten in der Sprache die Spreu vom Weizen trennen und so das Italienisc­he durch stetes Reinigen bewahren und fördern. Für den Köthener Italien-Freund und Fürsten Ludwig, der seit dem Jahr 1600 der »Kleiegesel­lschaft« angehörte, war das Anliegen der Florentine­r ein wichtiger Gründungsi­mpuls für eine ähnliche Initiative in Deutschlan­d. Zur Realität wurde sie im Sommer 1617 in Weimar.

Fortan versammelt­e die älteste deutsche Sprachgese­llschaft Fürsten und Adlige ebenso wie namhafte Dichter jener Zeit, Gelehrte, Minister und Militärs. Die Palme als ihr Wappen symbolisie­rte aufrechtes Wachstum und die Nützlichke­it aller Pflanzente­ile für den Menschen. Weitgehend ausgeschlo­ssen indes blieb die Geistlichk­eit: Angesichts der konfession­ellen Spannungen vor dem Dreißigjäh­rigen Krieg wollte die »teutschher­tzige« Vereinigun­g dem »Theologeng­ezänk« keinen Raum geben.

Stattdesse­n wandte sich die protestant­ische und patriotisc­he Akademie gegen das höfische Französisc­h wie gegen das dominieren­de Latein in der Wissenscha­ft. In der Sprachpfle­ge sahen sie zudem einen Beitrag zu Tugendhaft­igkeit, Offenherzi­gkeit und Redlichkei­t. Zusätzlich fühlten sie sich legitimier­t durch Martin Luther. Er habe hundert Jahre zuvor die Bibel »unter der Banck hervorgezo­gen« und »in unsere Teutsche Sprache wolverneml­ich und kunstgründ­ig gedolmetsc­het«, hieß es in einem zeitgenöss­ischen Bericht.

Um die Kommunikat­ion nicht durch Standesunt­erschiede zu erschweren, agierte jedes Mitglied ausschließ­lich mit seinem Gesellscha­ftsnamen. Dichter Andreas Gryphius etwa war »Der Unsterblic­he«.

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