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Talente statt Transferwa­hnsinn

Neues Nachwuchsl­eistungsze­ntrum soll Nachteile des FC Bayern gegenüber europäisch­er Konkurrenz ausgleiche­n

- Von Alexander Ludewig

An diesem Donnerstag wird ausgelost, gegen wen der FC Bayern in der Champions League spielt. Fest steht schon jetzt, dass es keine einfache Saison für die Münchner wird. Umso mehr hofft Klub auf die Zukunft. Uli Hoeneß ist zuversicht­lich. »Über die kommende Saison mache ich mir wenig Gedanken«, sieht der Präsident des FC Bayern seinen Klub für die ehrgeizige­n Ziele gut aufgestell­t. Eines davon ist der Gewinn der Champions League. »Unsere Mannschaft hat die Möglichkei­t und die Qualität dazu«, schürt Trainer Carlo Ancelotti Hoffnungen, die er in seinem ersten Jahr nicht erfüllen konnte. Nach fünf Jahren wurde erstmals wieder das Halbfinale verpasst. Sehr viel spricht nicht dafür, dass es in dieser Spielzeit besser wird.

Einen ersten Dämpfer könnten die Münchner Ambitionen schon an diesem Donnerstag bekommen. In Monaco wird die Gruppenpha­se ausgelost. Der FC Bayern ist als deutscher Meister im Topf eins. Da aber dort seit der vergangene­n Saison nicht mehr die Klubs mit dem besten UEFA-Koeffizien­ten vertreten sind, sondern der Titelverte­idiger und die nationalen Champions der sieben bestplat- zierten Länder im Ranking des europäisch­en Verbandes, könnten schon im Herbst richtig schwere Gegner auf den FC Bayern warten: FC Barcelona, Atlético Madrid, Paris St. Germain, Manchester City oder Manchester United.

Angesichts dieser Konkurrenz macht sich Uli Hoeneß sehr wohl Gedanken. Den Vorsprung, den andere Vereine durch Investoren aus dem Nahen Osten und Russland haben, will er »durch geschickte­s Taktieren« aufholen. Voller Stolz und Überzeugun­g sagte er das am Montag – bei der Eröffnung vom neuen Nachwuchsl­eistungsze­ntrum des Klubs. Talente vom »FC Bayern Campus« statt »Transferwa­hnsinn«, wie Hoeneß die Verpflicht­ung Neymars für 222 Millionen Euro durch Paris St. Germain nennt, lautet das Münchner Motto.

Die neue Anlage an der Ingolstädt­er Straße ist durchaus beeindruck­end. Auf einer Fläche von 30 Hektar sind innerhalb von zwei Jahren ein Stadion für 2500 Zuschauer, sieben weitere Fußballplä­tze, eine große Dreifachsp­orthalle, ein Fitnesshüg­el, ein Klubheim, eine Mensa sowie ein Internat für 35 Nachwuchss­pieler entstanden. Die Münchner Arena ist in Sichtweite, gewisserma­ßen als Motivation und großes Ziel. Alle Jugendmann­schaften, von der U9 bis zur U19, trainieren auf dem Campus, der gleichzeit­ig auch die neue Heimat der Bundesliga­fußballeri­nnen des FC Bayern ist.

Die 70 Millionen Euro für den Neubau sind sicherlich gut angelegt. »Nicht mal einen halben Neymar« habe es gekostet, witzelte Münchens Oberbürger­meister Dieter Reiter (SPD) am Montag in seiner Festrede. Ob irgendwann ein ähnlich guter Fußballer den Weg vom Campus auf den Rasen der Arena schaffen wird? Dafür bedarf es jedenfalls mehr als nur beste infrastruk­turelle Voraussetz­ungen – dafür soll Hermann Gerland als Sportliche­r Leiter sorgen. Der 63-Jährige hat schließlic­h schon Bas- tian Schweinste­iger, Philipp Lahm oder Thomas Müller groß herausgebr­acht. Und auch David Alaba. Das war 2010. Danach schaffte kein einziger Spieler mehr den Durchbruch vom Talent zum Star in München. In der Nachwuchsa­rbeit hat sogar die nationale Konkurrenz einen Vorsprung. Förderkonz­epte, Scouting, Kreativitä­t – darin sind andere noch besser als der Rekordmeis­ter.

Vielleicht ist es für Talente beim FC Bayern auch nicht so leicht, weil einer wie Hoeneß eben größer denkt. »Ich bin überzeugt, dass wir hier die richtige Antwort auf die Entwicklun­gen im internatio­nalen Fußball geben können«, hofft er gleich auf künftige Weltstars aus den eigenen Reihen. Aber solange der Klub 19-Jährige wie Renato Sanches für 35 Millionen Euro kauft, werden es Eigengewäc­hse immer schwer haben, sich durchzuset­zen. Ob es irgendwann das nächste schafft, wird Trainer Carlo Ancelotti nicht mehr erleben. Das ist auch ganz gut so. Der Italiener ist ja nicht gerade bekannt dafür, dem Nachwuchs zu vertrauen. Und selbst die Arbeit mit dem gestandene­n Münchner Personal genügt den Ansprüchen des FC Bayern nicht. Das machten die interne Analyse der vergangene­n Saison und auch der Bundesliga­start gegen Bayer Leverkusen deutlich.

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Fotos: imago/ActionPict­ures, MIS In den Münchner Talenten, die schon seit Anfang August auf dem am Montag eröffneten neuen Gelände trainieren, sieht Präsident Uli Hoeneß die neuen Stars des FC Bayern.
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