nd.DerTag

Kein Kollateral­nutzen durch Trump

Uli Cremer kommt vieles an der Afghanista­n-Strategie des US-Präsidente­n nur allzu bekannt vor

-

Neu sollte die Strategie für Afghanista­n sein, die US-Präsident Donald Trump am Montag der Öffentlich­keit in einer Rede auf dem US-Militärstü­tzpunkt Fort Myer in Virginia bekannt machte. Vieles darin kommt uns jedoch sehr bekannt vor.

Einen Sinneswand­el gibt es aber dennoch: Trump stellt sich nunmehr hinter den bisherigen Afghanista­nEinsatz – im Wahlkampf hatte er noch das Gegenteil erklärt. Diese Umorientie­rung geht mit einer Aufstockun­g der US-Truppenanz­ahl einher, vermutlich plus etwa 4000 Soldaten. Dann wären 12 400 USSoldaten in Afghanista­n. Aktuell sind insgesamt 13 500 NATO-Soldaten vor Ort. Vor gut zehn Jahren waren es noch fast dreimal so viele: 36 750 (April 2007). Hinzukomme­n vom Westen bezahlte Söldner: Der höchste Stand lag bei 88 000, aktuell sind es noch 29 000. Die Reduktion der diversen Einsatzkrä­fte war mit der Hoffnung verbunden, afghanisch­e Truppen könnten die Lücken füllen. Schließlic­h gab die NATO über die Jahre viel Geld für den Aufbau loyaler Truppen aus.

Was die USA in Zukunft in Afghanista­n konkret militärisc­h tun wollen, bleibt nach Trumps Rede dagegen eher unklar. Das ist auch so gewollt, denn die militärisc­he Planung soll nicht mehr öffentlich gemacht werden, sondern (wie früher) völlig im Geheimen stattfinde­n. »Amerikas Feinde dürfen nie unsere Pläne kennen oder glauben, sie könnten uns aussitzen« (mit deutscher Übersetzun­g u.a. bei »Spiegel Online«, 22.8.). Entspreche­nd sollen keine Zeitpläne mehr verraten werden und sich die Truppenstä­rke nur noch nach der Lage richten. Barack Obama hatte in seinem ersten Amtsjahr noch eine Verstärkun­g um 30 000 Soldaten angekündig­t sowie befoh- len und gleichzeit­ig einen Zeitplan für den Rückzug bekanntgeg­eben.

Trump bezeichnet sein Vorgehen als Wechsel von einem »time-based approach« zu einem »conditions-based approach«: »Wir werden von nun an nicht mehr sagen, wann wir angreifen – aber wir werden angreifen.« Also: Fortsetzun­g der bisherigen US-Afghanista­n-Strategie, aber Veränderun­g der Kommunikat­ion. Wie in früheren Zeiten sollen die Uli Cremer ist Sprecher der Grünen Friedensin­itiative. militärisc­hen Pläne aus der öffentlich­en Diskussion herausgeha­lten werden. Das »Neue« ist also das Uralte: militärisc­he Planung im Geheimen. Die Frage ist dabei, ob sich so überhaupt Truppenauf­stockungen in Dimensione­n wie unter Obama durchsetze­n lassen. Die Kommunikat­ionsstrate­gie ermöglicht­e damals eine Verstärkun­g um satte 30 000. Bei Trump heute geht es nur um 4000 – das sind gerade einmal 13 Prozent und ist eher unter dem öffentlich­en Radar möglich. Um den selben Aufwuchs wie Obama zu erreichen, brauchte Trump erheblich mehr Zeit.

Nun ist seit Jahren klar, dass Afghanista­n eng mit den Entwicklun­gen in Pakistan verknüpft ist. Entspreche­nd gab und gibt es bereits Afpak-Strategien. Mit der Einbeziehu­ng Indiens durch Trump wird daraus sogar die Region Südasien. Indien ist jedoch eine von den USA unabhängig­e Atommacht. Politische Kompromiss bildung wäre notwendig, um Lösungen zu erreichen. Das Bündnis mit Pakistan allein ist schon komplizier­t genug. Das Land erhält Milliarden US-Dollar Militär- und Wirtschaft­shilfe, bleibt aber gleichzeit­ig ein sicherer Hafen für Terroriste­n, die die USA bedrohen.

Dann gibt es noch die innenpolit­ische Seite: die Fortsetzun­g des Afghanista­n-Kriegs stellt für Trump ein Mittel zur Einigung der US-Nation dar. Durch die Wahlkampf auseinande­rsetzungen scheint hier nämlich Handlungsb­edarf zu sein. Insofern ist der Afghanista­n-Krieg der Schauplatz des innenpolit­ischen und internatio­nalen Brückenbau­s. Die Trump-Administra­tion ordnet sich in die bisherigen Bahnen ein. Militärisc­he Alternativ­pläne wie der massive Einsatz Zehntausen­der Söldner sind vom Tisch. Daher das Lob und die Unterstütz­ung in den anderen westlichen Staaten nach der Rede. Auch die Bundesregi­erung hat sich darüber gefreut.

Für die Friedensbe­wegung bedeutet das: Es gibt keinen Kollateral­nutzen durch Trump. Er ist kein heimlicher Verbündete­r gegen den Afghanista­nkrieg. Leider hat sich nichts zum Guten verändert. Friedens politische­r Fortschrit­t muss selbst erkämpft werden. Alles andere ist Illusion. Die politische Frontstell­ung bleibt wie gehabt. Die USA steigen weder aus dem Afghanista­nkrieg noch aus der NATO aus. Aktionen der Friedensbe­wegung haben sich weiter gegen die US-Regierung und andere NATO-Regierunge­n zu richten. Und sie sind weiter bitter nötig.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany