nd.DerTag

Feind der Verfassung

- Florian Haenes über Thomas de Maizières Diskurshyg­iene

Bundesinne­nminister Thomas de Maizière hat mit Verweis auf linke Gewalt während der G20-Proteste in Hamburg die Internetse­ite linksunten.indymedia verboten. Er vermengt Straftat und Meinungsäu­ßerung. Zwar darf er verfassung­sfeindlich­e Vereine verbieten. Doch in diesem Fall überschrei­tet er seine Kompetenz: Er betreibt Diskurshyg­iene.

Autoren befürworte­n auf der Plattform regelmäßig Gewalt gegen Polizisten. Hässlich ist das – besonders angesichts der Tatsache, dass einige Autonome nicht vor Taten zurückschr­ecken, bei denen Menschen zu Tode kommen können. Doch strafbar ist es nicht. Als Meinung schützt das Grundgeset­z auch Äußerungen, die gefährlich sind und auf die Umwälzung der politische­n Ordnung abzielen. Das Bundesverf­assungsger­icht bekräftigt, dass das Grundgeset­z auf den freien Meinungsst­reit vertraut. Heißt: Das Gewaltargu­ment wird geschützt, damit es widerlegt werden kann.

Die Begründung des Verbots erscheint angesichts dessen hanebüchen: Polizisten seien als Schweine und Mörder tituliert worden. Das habe Gewalttate­n legitimier­t. Tatsächlic­h hat das Bundesverf­assungsger­icht erst letztes Jahr im »All-Cops-are-Bastards«-Urteil festgestel­lt, dass Kollektivb­eleidigung­en dieser Art als Meinung geschützt sind. Man fragt sich: Liest der Innenminis­ter diese Urteile nicht?

Für die Demokratie ist die Trennung zwischen Meinung und Straftat konstituti­v. Sie muss verteidigt werden. Gegen Autonome. Und gegen Thomas de Maizière.

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