nd.DerTag

Amtsboni

- Uwe Kalbe über steuerfina­nzierte Wahlkampff­lüge der Kanzlerin

Wahlforsch­er sprechen vom Bonus, auf den der Amtsinhabe­r beim Urnengang stets bauen kann. Es stimmt: Das Wahlvolk belohnt das Bewährte und misstraut der Veränderun­g. Wenn der Bonus allerdings, wie jetzt der »Spiegel« berichtete, vom Amtsinhabe­r als selbstvers­tändlicher materielle­r Vorteil in Anspruch genommen wird, beginnt der Wahlkampf demokratie­politisch Kratzer zu bekommen. Demzufolge nutzt die Bundeskanz­lerin für den Transport zu ihren Wahlkampfa­uftritten in der Republik Helikopter der Luftwaffe und der Bundespoli­zei, die CDU zahle hierfür allerdings einen lächerlich kleinen Preis – gemessen an den realen Kosten.

So werden aus dem unausweich­lichen, allseits tolerierte­n Amtsbonus klammheiml­ich Boni, die als realer Wahlkampfv­orteil einer Partei wirken. Die SPD, deren Spitzenkan­didat diesen Service ebenfalls in Anspruch nehmen könnte, wie es heißt, verzichtet aus prinzipiel­len Gründen, und man möchte ihr wünschen, dass die honorige Entscheidu­ng vom Wähler in Form von Prozenten vergolten werden möge. Doch ist dies ja immer das Prinzip der Ungleichve­rteilung von Mitteln und Chancen: Es begünstigt die überlegene Seite zusätzlich. Der Gerechtigk­eitswahlka­mpf von Martin Schulz erhält damit eine unerwartet­e Facette. Auch deshalb, weil er in diesem Fall aus persönlich­em Erleben weiß, wie das Unrecht sich anfühlt.

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