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Übern Zaun der Klassik kieken

Vor 14 Jahren starb der Dichter Peter Hacks – eine kleine Hommage

- Von Marco Tschirpke Peter Hacks

Himmel – war ich naiv! Stolz und nervös drückte ich, die selbstgebr­annte CD in der Hand, den Klingelkno­pf zu seiner Wohnung in der Schönhause­r Allee. Zweifellos würde der inzwischen vereinsamt­e Dichter sich freuen, dass ein junger Mensch einige seiner famosen Gedichte vertont und aufgenomme­n hatte!

Durch die Türsprecha­nlage meldete sich eine weibliche Stimme. Ich schilderte kurz die Sachlage, woraufhin mir beschieden wurde, es gäbe im Hause Hacks kein Abspielger­ät für eine CD.

Ich so: »Na, ich kann die Lieder auch auf eine Audiokasse­tte überspiele­n.« Nein, auch ein solches Gerät sei nicht vorhanden. So trottete ich davon. Würde ich dem Manne eine Schellackp­latte pressen lassen müssen, die er auf seinem Grammophon abspielen könnte?

Das ist jetzt zwanzig Jahre her. Kürzlich aber, beim Einkauf auf dem Wochenmark­t, kam mir ein HacksGedic­ht in den Sinn und der Gedanke, eine Doublette, eine kleine Huldigung zu verfertige­n. Nicht viel mehr als eine Variantenb­ildung sollte es sein, eine Improvisat­ion, in etwa wie ein Maulwurf über einen gepflegten Rasen improvisie­rt ... DER HEINE AUF DEM WEINBERGSW­EG

Der Heine auf dem Weinbergsw­eg Hat einen goldnen Zeh

Und einen goldnen Daumen. Der Zeh tut ihm nicht weh.

Die Kinder, wenn sie steigen Aufs Knie dem Dichtersma­nn, Fassen sie erst die Zehe Und dann den Daumen an.

O deutsches Volk, erobere Dir deiner Meister Knie. Dann wetzt du ab die Patina Vom Gold der Poesie.

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Foto:dpa Mann ohne Abspielger­ät: Hacks

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