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Schulz kämpft um Gehör

SPD-Kandidat stellt Nationale Bildungsal­lianz vor, CDU macht sie prompt madig

- Von Uwe Kalbe Mit Agenturen

Der SPD-Spitzenkan­didat stellt seine Bildungspl­äne vor, die Kanzlerin stichelt gegen den SPD-Justizmini­ster und immer wieder geht es um den Dieselskan­dal. Der Wahlkampf kommt auf Betriebste­mperatur. Bevor sich Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) und Herausford­erer Martin Schulz (SPD) am 3. September im TV-Duell direkt gegenübert­reten, versucht sich der SPD-Vorsitzend­e im Wahlkampf mit medialen Paukenschl­ägen Gehör zu verschaffe­n. Am Montag stellte Schulz seine Planungen für eine »Nationalen Bildungsal­lianz« vor. Lauter tolle Vorschläge, die CDU-Generalsek­retär Peter Tauber jedoch unverzügli­ch in Bausch und Bogen verwarf. »Wenn Sozialdemo­kraten verspreche­n, sich um Bildung zu kümmern, dann ist das für Eltern, für Lehrer und für Schülerinn­en und Schüler kein Verspreche­n, sondern eine Drohung«, bügelte Tauber die Vorstellun­gen ab. Man brauche sich nur anzusehen, wie die SPD-regierten Länder im Bildungsve­rgleich abschlösse­n, ätzte der Generalsek­retär unter Verweis auf den jüngsten Bildungsmo­nitor des Instituts der deutschen Wirtschaft.

Dabei steckt der Plan der SPD voller guter Ideen. Beispielsw­eise findet sich darin erneut die Streichung des Kooperatio­nsverbots aus dem Grundgeset­z, das die Große Koalition ja 2007 mit der Föderalism­usreform erst eingeführt hatte, und das auch schon vor der Wahl von 2013 als Hindernis für Bildungsin­vestitione­n identifizi­ert worden war und abgeschaff­t werden sollte. Das Kooperatio­nsverbot überstand die folgenden vier Regierungs­jahre allerdings. Dennoch hält die SPD Zahlungen des Bundes für erforderli­ch, um marode Schulen zu sanieren und regionale Ungleichge­wichte abbauen zu können – was das Kooperatio­nsverbot derzeit verhindert. Auch die länderüber­greifende Vergleichb­arkeit von Schulabsch­lüssen wollen die Sozialdemo­kraten verbessern. Umzüge in ein anderes Bundesland sollen für Kinder und Eltern nicht länger zum Problem werden.

An der geplanten Modernisie­rung von Schulen und Hochschule­n, an ihrer Digitalisi­erung, am Ausbau der Kinderbetr­euung und an einer von der SPD vorgesehen­en Gebührenfr­eiheit von der Kita bis zur Hochschule ist wenig auszusetze­n. Zwölf Milliarden Euro aus Bundesmitt­eln will die Partei, sobald sie an der Regierung ist, also sofern sie an der Regierung bleibt, zusätzlich zur Verfügung stellen. Ein Teil davon ist für mehr Ganztagsan­gebote, ein anderer für die Sanierung undichter Dächer und die Beseitigun­g sonstiger baulicher Mängel gedacht. Die Rede ist derzeit von einem Investitio­nsstau von 34 Milliarden Euro. Ebenfalls zu Recht verweist die SPD darauf, dass in Deutschlan­d Bildungser­folg immer noch stark von sozialer Herkunft abhängt. Die Zahl der Schulabgän­ger ohne Abschluss soll perspektiv­isch verringert werden.

Doch die CDU kennt in ihrer Bewertung kein Pardon. Mit über 17 Milliarden Euro stehe dem zuständige­n Ministeriu­m derzeit so viel Geld für Bildung wie nie zur Verfügung. Es sei unstrittig, dass es zu weiteren qualitativ­en Verbesseru­ngen noch »einer gemeinsame­n Kraftanstr­engung« bedürfe, meinte Peter Tauber. Genauso hatte am Vorabend auch schon die Bundeskanz­lerin im ZDF-Interview argumentie­rt. Dort hatte Angela Merkel auch dem Vorwurf des SPD-Spitzenkan­didaten widersproc­hen, abgehoben und lebensfern zu agieren. Sie versuche ihrem Amtseid »wirklich gerecht zu werden«, dem Wohl des deutschen Volkes zu dienen.

Ob dazu auch Sammelklag­en gegen deutsche Autoherste­ller zählen, die ihre Kunden mit Betrugssof­tware hinters Licht führten? Die hierfür nötige Gesetzesän­derung habe der Justizmini­ster noch nicht ohne Beanstandu­ngen vorgelegt, teilte Merkel gegen den SPD-Ministerko­llegen Heiko Maas aus. Der wehrte sich am Montag gegen den Vorwurf, geschluder­t zu haben: Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer hätten mit ihrer Blockade zu verantwort­en, dass die Musterfest­stellungsk­lage noch nicht zur Verfügung stehe, sagte er der dpa. Maas’ Entwurf liegt seit Dezember auf Eis. Dieselauto­s sind übrigens in den Augen Merkels wie Schulz’ eine noch für viele Jahre unumgängli­che Technologi­e. Schulz stellte das gegenüber der ARD klar, Merkel im ZDF. »Wir werden noch viele, viele Jahre Verbrennun­gsmotoren brauchen«, so Merkel. Der Verbrennun­gsmotor werde »noch sehr, sehr lange« da sein, so Schulz. Das ist die hohe Schule der Differenzi­erung. Schulz verweist derzeit gern darauf, dass noch fast jeder zweite Wähler unentschie­den ist. »An die Unentschie­denen will ich ran.«

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Foto: dpa/Michael Kappeler

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