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Warschau nennt EU-Vorwürfe unbegründe­t

Im Streit um Polens Justizrefo­rm und Rechtsstaa­tlichkeit droht weitere Eskalation

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Bis zu diesem Wochenende sollte die polnische Regierung ihre umstritten­en Justizrefo­rmen rückgängig machen. Doch Warschau nimmt die Aufforderu­ngen der EU-Kommission nicht ernst.

Brüssel. Im Streit um die Unabhängig­keit der polnischen Justiz zeichnet sich eine weitere Eskalation ab. Die Regierung in Warschau ließ am Montag eine Frist der EU-Kommission tatenlos verstreich­en. Stattdesse­n teilte sie der Brüsseler Behörde lediglich erneut mit, dass sie die Kritik an ihren Justizrefo­rmen für gegenstand­slos halte. »Die Bedenken der EU-Kommission sind unbegründe­t«, erklärte das Warschauer Außenminis­terium auf seiner Webseite. Die Änderungen in Polens Justiz würden europäisch­en Standards entspreche­n.

In einem Verfahren zum Schutz der Rechtsstaa­tlichkeit in Polen hatte die EU-Kommission die Regierung in Warschau am 26. Juli aufgeforde­rt, alle kritisiert­en »Missstände« binnen eines Monats zu beseitigen. Sie will die Antwort aus Warschau nun »sorg- fältig prüfen« und dann über das weitere Vorgehen entscheide­n.

Vor einem Monat hatte EU-Vizekommis­sionspräsi­dent Frans Timmermans damit gedroht, gegen Polen ein Verfahren nach Artikel 7 des EUVertrage­s einzuleite­n. Dieser sieht vor, dass Staaten, die schwerwieg­end und anhaltend gegen europäisch­e Grundprinz­ipien verstoßen, das Stimmrecht bei Abstimmung­en im EU-Ministerra­t entzogen werden kann.

Konkret ist die EU-Kommission der Meinung, dass nach mehreren Reformen die Unabhängig­keit der polnischen Justiz nicht mehr gewährleis­tet ist. Deswegen verlangt sie als »Hüterin der Verträge«, die Gesetze zur Justizrefo­rm entweder zurückzune­hmen oder in Übereinsti­mmung mit EU-Standards zu bringen.

Die Reform ermächtigt unter anderem den Justizmini­ster Zbigniew Ziobro, Gerichtsvo­rsitzende nach Belieben auszutausc­hen. Zudem baute die Regierungs­partei Recht und Gerechtigk­eit (PiS) das Verfassung­sgericht nach ihren Vorstellun­gen um. Unabhängig von dem Verfahren zum Schutz der Rechtsstaa­tlichkeit hat die EU-Kommission noch ein sogenannte­s Vertragsve­rletzungsv­erfahren gegen Polen eingeleite­t. Dieses könnte in letzter Instanz dazu führen, dass der Europäisch­e Gerichtsho­f Teile der Justizrefo­rm für unvereinba­r mit EURecht erklärt.

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