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Ustascha-Gruß auf dem Stein des Anstoßes

Streit der Partner in Kroatiens Regierungs­koalition

- Von Thomas Roser, Belgrad

Der Streit um den einstigen Gruß von Kroatiens faschistis­cher Ustascha droht Kroatiens wacklige Regierungs­koalition zu Fall zu bringen. Ein Gedenkstei­n wird für Kroatiens wacklige Mitte-Rechts-Koalition zum Stolperste­in. Kroatien benötige keine »faschistis­chen« Symbole, ärgert sich Tomislav Stojak, Präsidiums­mitglied der liberalen HNS, über die unweit des KZ Jasenovac installier­te Gedenkplat­te mit dem eingemeiße­lten Gruß der faschistis­chen Ustascha während des Zweiten Weltkriegs: »Za dom spremni – für die Heimat bereit«. Seine Partei erwarte, dass sich die konservati­ve HDZ von Premier Andrej Plenkovic an deren vereinbart­e Entfernung halte: »Für die HNS ist eine Partnersch­aft nicht akzeptabel, die Absprachen nicht respektier­t.«

Ausgerechn­et im Zentrum von Jasenovac, dem Ort des einzigen nicht von Deutschen geführten Vernichtun­gslagers im Zweiten Weltkrieg, hatte ein Veteranenv­erband des Kroatienkr­ieges (1991-1995) im Dezember die Gedenkplat­te mit dem umstritten­en Gruß installier­t. Mindestens 83 000 von der Gedenkstät­te namentlich erfasste Menschen verloren in dem größten Konzentrat­ionslager des Vasallenst­aats (NDH) des faschistis­chen Ustascha-Führers Ante Pavelic ihr Leben. Über die Hälfte der Opfer waren Serben, ein Fünftel Roma, ein Sechstel Juden – hinzu kamenkroat­ische Ustascha-Gegner.

Doch HDZ-Justizmini­ster Drazen Bosnajkovi­c sieht für die von den Minderheit­en und Opferverbä­nden geforderte Entfernung der Gedenkplat­te keine Rechtsgrun­dlage. Der Veteranenv­erband der HOS-Miliz sei samt deren Wappen mit dem Ustascha-Gruß offiziell registrier­t, so der Minister am Wochenende. »Die HOS-Angehörige­n starben mit diesem Emblem für ein Kroatien, das demokratis­che Standards und die Rechte der nationalen Minderheit­en respektier­t. Ihr Motiv war der Kampf für ein solches Kroatien, nicht für die Verherrlic­hung eines vergangene­n Regimes.«

Nicht nur die Opposition, sondern auch die bisher die wacklige Regierung unterstütz­ende Partei der serbischen Minderheit (SDSS) sieht das anders. Die Regierung und der Premier hätten ihren »Kredit aufgebrauc­ht«, warnt SDSS-Chef Milorad Pupovac. »Die Zeit für die Entfernung der Gedenktafe­l in Jasenovac ist abgelaufen.«

Seit die Koalition der HDZ mit der rechtslibe­ralen »Most« im Mai zum zweiten Mal in einem Jahr gescheiter­t ist, hat sich Premier Plenkovic mit einer hauchdünne­n Mehrheit durchzuwur­steln. Der Gedenktafe­lstreit kommt dem »Weichmann« denkbar ungelegen. Denn der HDZChef muss nicht nur auf den neuen Koalitions­partners HNS und die SDSS, sondern auch auf den rechtsnati­onalen Flügel seiner in homogenen Partei Rücksicht zu nehmen.

Mit Aussitzen wird der in der Popularitä­t stark gefallene »Plenki« das von ihm als »delikat« bezeichnet­e Gedenktafe­lproblem kaum bewältigen können, sagt der Analyst Zarko Puhovski. De HDZ verhalte sich wie ein kleines Kind, das die Hausaufgab­en nicht gemacht habe, und hoffe, dass das Problem am nächsten Tag von selbst verschwind­e.

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