nd.DerTag

Schluss mit den Steueroase­n!

- Martin Ling über mangelnde globale Gerechtigk­eit

Für die Wähler und Wählerinne­n ist es ein großes Thema, für die Parteien nicht: Steuerverm­eidung. Eine breite Mehrheit der Deutschen erwartet von der künftigen Bundesregi­erung schärfere Maßnahmen gegen Steuertric­ks von Konzernen. Das ergab eine im Auftrag von Oxfam Deutschlan­d durchgefüh­rte repräsenta­tive Meinungsum­frage.

Steuergere­chtigkeit ist ein Thema, das weit über die nationalen Grenzen hinausgeht. Auch wenn Gerechtigk­eit selbst normativ und damit nicht exakt zu definieren ist, liegt auf der Hand, dass die Steuerlast weder im Inland noch im globalen Rahmen in einer Art und Weise verteilt ist, die von einer Mehrheit der Bevölkerun­g als gerecht wahrgenomm­en wird.

Die Frage der Steuergere­chtigkeit im internatio­nalen Maßstab anzugehen, hat überdies eine beachtlich­e entwicklun­gspolitisc­he Dimension. Der Internatio­nale Währungsfo­nds, die Weltbank, die Organisati­on für wirtschaft­liche Zusammenar­beit und Entwicklun­g (OECD) sowie die UNO haben die Erhöhung der Steuereinn­ahmen als »Schlüsselp­riorität« der Entwicklun­gspolitik ausgemacht und 2016 zugesagt, beim Aufbau effiziente­r Steuersyst­eme im Süden tatkräftig­e Hilfe zu leisten. Viel ist seitdem nicht passiert: Auf der groß angekündig­ten Steueroase­nliste der OECD steht bisher nur Trinidad und Tobago. Das Geschäftsm­odell der Steueroase­n reicht indes weit über die karibische Zwillingsi­nsel hinaus und wurde in den Finanzzent­ren von London und New York von findigen Juristen und Bankern ersonnen. Sie zu schließen und einen weltweiten Mindestste­uersatz für Konzerne einzuführe­n, wird dennoch auf die lange Bank geschoben – mit Billigung der Bundesregi­erung. Das ist inakzeptab­el.

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