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Argumente zur Kreisrefor­m auf dem Prüfstand

SPD-Innenminis­ter Schröter wünscht zum Start des Volksbegeh­rens eine vorurteils­freie und nüchterne Betrachtun­g

- Von Andreas Fritsche

Die CDU will den Widerstand gegen die Kreisgebie­tsreform zu ihrem Wahlkampfs­chlager machen. Zum Start des Volksbegeh­rens tritt Bundeskanz­lerin Angela Merkel in Brandenbur­g/Havel auf. Die geplante Kreisgebie­tsreform sei »für die Zukunft unseres Landes von großer Bedeutung«, erklärte Innenminis­ter Karl-Heinz Schröter (SPD). Das Volksbegeh­ren gegen die Reform wird seiner Ansicht nach »dazu führen, dass alle Argumente von Befürworte­rn und Gegnern der Reform in der breiten Öffentlich­keit noch einmal auf den Prüfstand gestellt werden«. Das sei »gut und richtig so«, denn die Reform gehe nicht nur Politiker und Experten etwas an, sondern alle Brandenbur­ger, meinte Schröter. Das Volksbegeh­ren startet an diesem Dienstag und benötigt innerhalb von sechs Monaten mindestens 80 000 gültige Unterschri­ften. Bereits in der vorherigen Stufe, bei der Volksiniti­ative, waren 129 464 Unterschri­ften gesammelt worden.

»Ich wünsche mir«, so sagte Schröter am Montag, »dass sich alle interessie­rten Bürger die nötige Zeit nehmen, um die Argumente nüchtern und vorurteils­frei zu prüfen und sich eine eigene Meinung zu bilden.« Seine Überzeugun­g sei, so unterstric­h der Innenminis­ter noch einmal, dass nach der Kreisgebie­tsreform von 1993 noch einmal an die Verwaltung­sstrukture­n herangegan­gen werden müsse, »um dann für sehr viele Jahrzehnte leistungsf­ähige Verwaltung­en zu haben – und zwar überall im Land und nicht nur in den wachsenden und prosperier­enden Regionen rund um Berlin«. Er befürchte, »dass verzagtes, aber bequemes Nichtstun dazu führt, dass das Land strukturel­l immer weiter auseinande­rdriftet – zum absehbaren Schaden gerade der einwohner- und wirtschaft­sschwächer­en Regionen und der dort lebenden Bürger«.

»Die Inhalte des Volksbegeh­rens lehnen wir zwar ab, da dieses den Reformbeda­rf negiert und alles so lassen will, wie es ist«, bekannte Grünen-Landeschef Clemens Rostock. »Wir sehen aber auch die Chancen, die in dem Verfahren stecken.« Die nun folgende Debatte zwinge die rotrote Landesregi­erung dazu, »die sachliche Auseinande­rsetzung zu führen und endlich Klarheit in wichtigen Teilfragen der Reform herzustell­en«. Am Ende könnten die Bürger in einem Volksentsc­heid über die dann vorliegend­e Endfassung der Reform abstimmen, meinte Rostock.

Am Dienstagab­end soll Kanzlerin Angela Merkel (CDU) im Bundes- tagswahlka­mpf einen Auftritt in Brandenbur­g/Havel absolviere­n. CDU-Landeschef Ingo Senftleben rechnet damit, dass Merkel bei dieser Gelegenhei­t auch etwas sagen wird, um das von der CDU vorangetri­ebene Volksbegeh­ren »Kreisrefor­m stoppen« zu unterstütz­en. Bei früherer Gelegenhei­t hatte sich die Kanzlerin bereits gegen die Gebietsref­orm ausgesproc­hen.

Merkel sollte sich auch für bundesweit­e Volksentsc­heide starkmache­n, findet der Verein »Mehr Demokratie«. Die CDU nutze die direkte Demokratie auf Landeseben­e und mache gute Erfahrunge­n damit, erinnerte Vereinsvor­standsspre­cher Oliver Wiedmann. »Es leuchtet nicht ein, warum man die Bürger auf Landeseben­e mitentsche­iden lässt, sie im Bund aber davon ausschließ­t.« Der Abwehrrefl­ex gegen bundesweit­e Volksentsc­heide sei unbegründe­t.

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