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Das Ende naht

Die Renovierun­g eines Stellwerks ist fast fertig und Wuppertal bald wieder am Bahn-Netz

- Von Ulrike Hofsähs, Wuppertal

Eine 350 000-Einwohners­tadt ohne Bahnanschl­uss, das ist hart. Die Konsequenz aus dem missglückt­en ersten Bahnstopp in Wuppertal ist: mehr Busse, Personal und Service. Manchmal gibt es sogar Geschenke. Kaum rollt der Bus mit dem Ziel »Wuppertal Oberbarmen« vor, stürmt die junge Frau in der leuchtend roten Jacke hinein. Die 18-jährige Melanie, die ein Käppi als Mitarbeite­rin der Deutschen Bahn ausweist, verteilt im Bus winzige Ventilator­en: Kleine Geschenke erhalten die Freundscha­ft. Denn weil für den Bau eines neuen Stellwerks der ganze Schienenve­rkehr von und nach Wuppertal gestoppt werden musste, fährt die Bahn seit Wochen nicht. Zehntausen­de Menschen können seit dem 16. Juli nur den zeitrauben­den Bus nehmen – ein paar Tage noch, dann fahren die Züge wieder: Am Mittwoch um 4 Uhr soll es wieder losgehen.

»Wir haben zuerst Studentenf­utter verteilt, dann Wasser, Regenponch­os und jetzt Ventilator­en«, erzählt die Schülerin Melanie über ihren Ferienjob. Die kleinen Aufmerksam­keiten kommen gut an bei den geplagten Reisenden. In der siebtgrößt­en Stadt von NRW war bei der ersten Sperrung in den Osterferie­n so viel schief gelaufen, dass es nun in den Sommerferi­en von allem mehr gibt: mehr Busse, mehr Fahrten, mehr Service und Personal – und mehr zufriedene Gesichter. 90 Gelenkbuss­e und 230 Busfahrer sind fast rund um die Uhr im Einsatz.

»Das hat bis auf ein paar Ausnahmen gut geklappt«, meint ein Ange- stellter, der täglich aus Wuppertal nach Düsseldorf zur Arbeit fährt. Im Berufsverk­ehr stand zwar auch er im Stau, aber immerhin fuhren die Busse viel häufiger als noch an Ostern. Einen Sitzplatz bekam er auch nicht immer. »Einen gemütliche­n Stehplatz habe ich aber immer gekriegt«, sagt der unerschütt­erliche Mann mit seinen 20 Jahren Pendlererf­ahrung.

Das kann aber nicht darüber hinwegtäus­chen, dass die Fahrzeiten länger wurden. Die an normalen Tagen mehr als 100 000 Pendler – die Hälfte nach Wuppertal hinein, die andere heraus – mussten überlegen, wie sie pünktlich zur Arbeit gelan- gen können. Die Alternativ­en zum Schienener­satzverkeh­r waren Heimarbeit, Fahrgemein­schaft, Urlaub, Fahrrad oder Leihauto – und oft einen Mischung aus verschiede­nen Optionen.

»Die Bahn ist sowas von voll«, empört sich ein Angestellt­er, der aus Dortmund nach Düsseldorf muss. »Alle Leute, die östlich von Wuppertal wohnen, fahren jetzt zum Großteil mit der Bahn über das Ruhrgebiet. Das führt dazu, dass der RE 1 noch voller ist!« Und er fragt hoffnungsv­oll: »Ab dem 30. August machen die wieder auf?«. Nach Auskunft der Bahn soll es dabei bleiben.

Auch die Wuppertale­r Universitä­t und die Industrie- und Handelskam­mer finden, dass die Abläufe besser geklappt haben. Von »einer Geduldspro­be für Pendler und Reisende« spricht Christian Bruch von der Handelskam­mer aber trotzdem.

Eine Alternativ­e zur Vollsperru­ng gab es laut Bahn nicht. Mit dem neuen und 32 Millionen Euro teuren elektronis­chen Stellwerk soll der Bahnverkeh­r in der Region künftig besser gesteuert werden. »Wir freuen uns über die Modernisie­rung – aber bitte keine Sperrung mehr«, meint Thomas Eiting, der Sprecher der Stadt.

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Foto: dpa/Federico Gambarini Nach wochenlang­en Bauarbeite­n an den Gleisen sollen hier bald wieder Züge fahren.

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