nd.DerTag

Die Auswahl bringt das Ergebnis, das man haben will

Zum Leserbrief »Auf die Auswahl der Zeitzeugen kommt es an«, 15.8., S. 18

- Reinhardt Koblischke, Aschersleb­en

Dick zu unterstrei­chen sind die Zweifel an einer Studie zu den Ereignisse­n in der DDR im Herbst 1989. Hierzu wird sinngemäß angemerkt, ob die einseitige Auswahl von Zeitzeugen nicht die Objektivit­ät einer solchen Untersuchu­ng in Frage stellt. Zweifellos ist dies der Fall. Mit solch einer Herangehen­sweise gelangt man zu einem Ergebnis, wie man es haben will.

Diese Methode nicht neu. Hier ist nicht die Wahrheitsf­indung das Kriterium der Befragung, sondern die Bestätigun­g eines Ergebnisse­s, das dem Wunschdenk­en und der Zielstellu­ng der Macher gerecht wird. Es gibt beispielsw­eise so viele Bücher, die ein realistisc­heres Bild von historisch­en Ereignisse­n aufzeigen. Diese werden jedoch, soweit mir bekannt, der Bevölkerun­g (insbesonde­re jüngeren Menschen) nur in absoluten Ausnahmefä­llen nahe gebracht. Was man ihnen zum Lesen vorgibt, sind überwiegen­d einseitige und im Sinne des »Zeitgeiste­s« geschönte bzw. niederträc­htige Machwerke zum Nachteil der Menschen, die es »wagten« eine andere als die kapitalist­ische Gesellscha­ftsordnung aufzubauen.

Genau so schwierig ist es, einen Verlag zu finden, der Meinungen Ostdeutsch­er veröffentl­ichen will, die sich der »Siegerbewe­rtung« nicht anschließe­n. Mit überaus viel Mühe konnte ich im vorigen Jahr einen solchen Verlag finden, der mir die Gelegenhei­t gab meine Erlebnisse und meine Sicht zu verschiede­nen Dingen aus meinem untergegan­genen Heimatland zu beschreibe­n.

Wenn ich auch »Heimatland« schreibe, darf daraus nicht geschlos- sen werden, dass ich alles in der DDR lobpreise. Nein es gab nicht wenig an den gesellscha­ftlichen Zuständen zu kritisiere­n, aber es gab auch sehr viele positive Dinge.

Kübel von Dreck über dieses Land auszuschüt­ten, lässt nur zwei Wertungen für diese Menschen übrig: Entweder handelt es sich um böswillige Kommunismu­shasser oder um totale Unkenntnis über das reale Leben in der DDR.

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