Es wäre ein erheblicher Verlust an Lebensqualität
Zu »Wiederbelebtes Nacktheitstabu«, 17.8., S. 17
Herzlichen Dank an Prof. Dr. Kurt Starke für seinen erhellenden Beitrag zum Verschwinden der FKK-Kultur und des sich weiter ausbreitenden Nacktheitstabus in Deutschland, wo offensichtlich die »alte religiöse Stigmatisierung des sündigen Fleisches reloadet« wird. Es fehlt nur noch, dass in deutschen Galerien die Werke des Weltkulturerbes abgehängt (oder abgedeckt) werden, man sich Tizian, Rubens, Picasso, Sitte … nur noch heimlich unter der Bettdecke anschauen darf. Wo bleibt hier der gesellschaftliche Protest, der Schrei nach Freiheit, über die Zurschaustellung des eigenen Körpers selbst entscheiden zu können? Man möchte aktuell rufen: »FKK gehört zu Deutschland!«
Meine Frau und ich fahren regelmäßig mit dem Fahrrad zu einer wunderschönen Bucht unterm Müggelberg, ein sogenannter »wilder Strand«, geduldet von den städtischen Behörden und dem Forst, aber täglich von den städtischen Reinigungsbetrieben vom Müll befreit. Alte und Junge, Kinder und Haustiere planschen hier gemeinsam im sauberen Wasser der Dahme. Wanderer zu Fuß oder per Paddel- oder Segelboot kommen vorbei, niemand stört es, dass alle dort nackt herumliegen oder hüpfen. Kinder spielen nackt im Sand und im seichten Wasser, einzig die Enten mit ihren Küken treten ihnen manchmal zu nahe. Es wird geschnackt, Schach oder Federball gespielt, gepicknickt und auch mal ein Bier oder Wein getrunken. Auf mancher Decke wird auch mal gekuschelt. Noch nie habe ich an diesem Strand je ein »steifes Glied« gesehen. Voyeuren vergeht dort die Lust.
Es wäre ein erheblicher Verlust an Lebensqualität, wenn es diese selbstverständliche Kultur irgendwann nicht mehr gäbe.