nd.DerTag

Widerstand gegen Abbau von Grundrecht­en

Linke Gruppen und Politiker warnen vor Gefahr für »ungebändig­te unmittelba­re Demokratie«

- Von Vincent Körner

Nach G20 und neuem Widerstand­sparagraf: Linke Organisati­onen und Politiker warnen vor Einschränk­ungen der Versammlun­gs- und Pressefrei­heit. Linke Gruppen und Politiker rufen »zum Widerstand gegen den Abbau unserer demokratis­chen Grundrecht­e« auf. Anlass sind unter anderem die Einschränk­ungen der Demonstrat­ionsfreihe­it während des G20-Gipfels, Gesetzesve­rschärfung­en und das Vorgehen gegen Journalist­en am Rande des Treffens der Regierungs­vertreter in Hamburg.

»Die uns durch unsere Verfassung gewährten Rechte lassen wir uns nicht nehmen«, heißt es in einem Appell, der unter anderem vom Komitee für Grundrecht­e und Demokratie, von der Roten Hilfe, gewerkscha­ftlichen Gliederung­en, der Vereinigun­g Demokratis­cher Juristen sowie Landesverb­änden der Linksparte­i unterstütz­t wird. Teil der Kampagne ist ein für den 7. Oktober in Düsseldorf angesetzte­r Kongress unter dem Titel »Demonstrat­ionsrecht verteidige­n«.

»Von den USA bis zur Türkei, von Frankreich bis Ungarn rücken Regierunge­n nach rechts, heben durch die Verfassung gesicherte demokratis­che Grundrecht­e auf, verbieten und unterdrück­en Proteste und Streiks und gehen den Weg in einen Polizeista­at«, heißt es in dem Appell – und weiter: »Die Regierung der Bundesrepu­blik Deutschlan­d liegt in diesem Trend.« Verwiesen wird unter anderem auf die Initiative zur Einschränk­ung des Streikrech­ts unter der Fahne der »Tarifeinhe­it« sowie die Verschärfu­ngen des Strafrecht­sparagrafe­n, der bei Widerstand gegen Vollstreck­ungsbeamte zum Zuge kommt. Danach drohen nun weit härtere Strafen, und »für den Vorwurf des Widerstand­s reicht dabei oft schon ein ängstlich weggezogen­er Arm«.

»Diese Gesetzesän­derungen werden das gesamte Demonstrat­ionsgesche­hen in Deutschlan­d nachhaltig verändern«, heißt es in dem Appell. Wenn jeder Demonstrie­rende bereits Angst haben müsse, etwa »im Falle eines Handge- menges hinter Gittern zu landen – und zwar auch, wenn es von der Polizei ausging –, werden sich viele von der Teilnahme an Kundgebung­en, Demos oder Streiks abgeschrec­kt sehen«. Eines der ersten Urteile wegen der G20-Randale stand bereits unter diesem Stern. Diese »Gesetzesän­derungen gehören zu den tiefsten Eingriffen in die Versammlun­gsfreiheit«, so der Appell. Ausgehöhlt werde so »ein Stück ursprüngli­ch-ungebändig­ter unmittelba­rer Demokratie, das geeignet ist, den politische­n Betrieb vor Erstarrung in geschäftig­er Routine zu bewahren«, wie es einmal das Bundesverf­assungsger­icht formuliert hatte.

Kritik gab es am Mittwoch ebenfalls an der Datengrund­lage für die nachträgli­chen Akkreditie­rungsentzi­ehungen für 32 Journalist­en, darunter auch des »nd«, während des G20-Gipfels. Das BKA-Gesetz erlaube laut einer Recherche der ARD, Delikte auch ohne rechtskräf­tige Verurteilu­ng zu speichern. Voraussetz­ung dafür ist eine »Negativpro­gnose«, bei der im Einzelfall begründet werden müsse, warum von jemandem künftig Straftaten zu erwarten seien. Dies werde aber offensicht­lich vielfach missachtet. Kritik übte die Bundesdate­nschutzbea­uftragte: »Das kehrt die Unschuldsv­ermutung um.«

»Die uns durch unsere Verfassung gewährten Rechte lassen wir uns nicht nehmen.« Appell für Grundrecht­e

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