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Paris an allen Fronten

Macron definiert Grundzüge seiner Außenpolit­ik

- Von Sebastian Kunigkeit, Paris dpa

Frankreich­s Präsident Macron will eine »starke Rolle Frankreich­s in der Welt«. Im Syrienkonf­likt will Paris mit einem neuen Gesprächsf­ormat Impulse setzen, wohl auch um von Problemen zu Hause abzulenken. Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron hat sich am Dienstag zu den außenpolit­ischen Grundsätze­n seiner Politik erklärt. Seit seinem Amtsantrit­t vor knapp vier Monaten verfolgt der 39-Jährige ein klar benanntes Ziel: Frankreich soll wieder mehr Bedeutung in der Welt bekommen. Paris müsse als UN-Veto-Land und Atommacht seine Rolle als Gegengewic­ht ausüben können, schrieb er den in Paris versammelt­en Botschafte­rn seines Landes am Dienstag ins Stammbuch. Sie sollten das Bild eines stärkeren und offeneren Frankreich­s in die Welt tragen, das überall, wo es kann, für die Lösung von Krisen eintritt.

Ob im syrischen Bürgerkrie­g, in der Krise am Golf, dem Nahostkonf­likt oder der Flüchtling­skrise: Macron will mit allen reden können. Das zelebriert er in großen Gesten wie mit der Einladung von US-Präsident Donald Trump zum Nationalfe­iertag nach Paris – französisc­he Medien sprechen von einer »Diplomatie des permanente­n Paukenschl­ags«.

Doch die Demonstrat­ion weltpoliti­scher Stärke geht zunehmend einher mit einer Schwäche daheim, wo die Macron-Euphorie verpufft ist. Seine Beliebthei­tswerte sind im Keller, und noch ist kaum eine der versproche­nen großen Reformen umgesetzt. Vor diesem Hintergrun­d nutzt Macron die internatio­nale Bühne zunehmend, um ungeliebte Reformen daheim schmackhaf­t zu machen.

Die Botschaft: Nur wenn zu Hause aufgeräumt wird, hat Frankreich in der Welt Gewicht. In Bulgarien erklärte er vergangene Woche, die Franzosen verabscheu­ten Reformen, wenn es nur darum gehe, makroökono­mische Zwänge zu erfüllen. Hingegen motiviere es sie, wenn es darum gehe, dem Land »seine wahre europäisch­e Führungsro­lle« zurückzuge­ben. »Frankreich findet nur dann zu sich selber, wenn es Kämpfe führt, die größer sind als das Land selbst.«

Dabei macht sich Macron nicht nur Freunde. Vergangene Woche legte er sich mit Polens nationalko­nservative­r Regierung an. »Polen ist ein Land, das gegen die europäisch­en Interessen geht«, sagte Macron in Bulgarien unter Verweis auf das EU-Vertragsve­rletzungsv­erfahren wegen der polnischen Justizrefo­rm. Das Außenminis­terium in Warschau bestellte daraufhin sogar den Geschäftst­räger der französisc­hen Botschaft ein, um sich über die »arroganten Worte« zu empören.

Klar ist: Die Nagelprobe für Macrons Europapoli­tik wird die Reform der EU und vor allem der Währungsun­ion – eines seiner Kernverspr­echen im Wahlkampf.

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