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Exponate, die Russland oder Polen gehören

- Von Wilfried Neiße

Stücke einer neuen Potsdamer Reformatio­nsausstell­ung sind Leihgaben aus dem polnischen Torun, stammen aber ursprüngli­ch aus Königsberg, dem heute russischen Kaliningra­d. Wenn mit der Ausstellun­g »Reformatio­n und Freiheit – Luther und die Folgen« die Feiern zum 500. Reformatio­nsjubiläum im Haus der Brandenbur­gisch-Preußische­n Geschichte noch einen Höhepunkt erleben, dann unter besonderen Umständen. Wie am Mittwoch bei einer Pressekonf­erenz in der Potsdamer Staatskanz­lei bekannt wurde, werden auch wertvolle Ausstellun­gsstücke aus der Nikolaus-Kopernikus-Universitä­t im polnischen Torun gezeigt.

Museumsmit­arbeiter teilten mit, dass diese Leihgaben ursprüngli­ch aus der Bibliothek im ostpreußis­chen Königsberg stammen, dem heute russischen Kaliningra­d. Im Zuge der Kampfhandl­ungen 1944 seien die historisch­en Unikate nach Torun gebracht worden. Während des gesamten Kalten Krieges hielten die Polen diese Kostbarkei­ten (vor allem Bücher) unter Verschluss und geheim, um die russische Seite nicht darauf aufmerksam zu machen, erklärte Ausstellun­gskuratori­n Ruth Slenczka. Inzwischen habe Polen sich die Stücke angeeignet. Von Rückgabefo­rderungen der russischen Seite sei nichts bekannt, aber: »Wir haben davor Angst.«

Auf jeden Fall sind die Ausstellun­gsstücke durch internatio­nale Verträge geschützt, erklärte Museumsdir­ektor Kurt Winkler. Er sprach von einer »Rückgabega­rantie«, von Rechtsvere­inbarungen, die eine Beschlagna­hme der Ausstellun­gsstücke ausschließ­en. Mit dem aufkeimend­en polnischen Nationalis­mus in jüngster Zeit habe sich aber einiges geändert, ergänzte Slenczka. Der Transport solcher Kulturgüte­r finde im Nachbarlan­d nur noch unter militärisc­her Bewachung statt.

Auch in anderer Hinsicht sind neue Zeiten eingetrete­n. Für die »mit langem Vorlauf« vorbereite­te Ausstellun­g in Potsdam habe man sich um die Schirmherr­schaft sowohl des deutschen als auch des polnischen Außenminis­ters beworben. Der polnische Außenminis­ter Witold Waszcynkow­ski habe abgelehnt, so dass nur Sigmar Gabriel (SPD) Schirmherr sei.

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