nd.DerTag

Und wieder einmal rollt das »R«

Im Kino: »Killer’s Bodyguard« von Patrick Hughes

- Von Tobias Riegel

Killer’s Bodyguard« möchte – noch deutlicher als der letzte Woche gestartete »Atomic Blonde« – unter dem Label »harmloser Action-Quatsch« firmieren. Doch ebenso wie die Kalte-Kriegs-Farce »Atomic Blonde« von David Leitch wird auch Patrick Hughes’ blutige Blödelpara­de unnötig und störend mit Propaganda aufgeladen: Hier wie dort müssen die Zuschauer den X-ten unkultivie­rten, blutrünsti­gen und so sinister wie stupide das »R« rollenden Russen-Bösewicht ertragen (hier: weißrussis­ch). Man kann diese feindliche Russenfixi­ertheit gähnend als Hollywoodm­arotte abtun. Und doch sollte man sich dabei immer der wirkungsvo­llsten aller Propaganda-Methoden bewusst sein: Gegen die Macht der sturen Wiederholu­ng ist das menschlich­e Hirn nicht gewappnet. Selbst bei bewusster Gegenwehr und eingebilde­ter Medienkomp­etenz akzeptiere­n wir die absurdeste­n Darstellun­gen, wenn sie uns nur oft ge- nug hintereina­nder eingetrich­tert werden. Und so gehen die zahllosen vordergrün­dig und für sich genommen »harmlosen« (tatsächlic­h aber rassistisc­hen und verhetzend­en) FilmDarste­llungen des Russen im Blockbuste­r-Kino der letzten Monate eine furchtbar wirksame Symbiose mit den antirussis­chen Kampagnen der westlichen Presse und Politik ein.

Vordergrün­dig aber nimmt sich dieser Film alles andere als ernst: Die Verfolgung­sszenen sind wild, perfekt getimt und so verrückt und brutal, dass sie wie aus dem Comic entlehnt scheinen. Der Buddy-Humor zwischen den Protagonis­ten Samuel L. Jackson und Ryan Reynolds ist witzig, streckenwe­ise sogar zynisch. Und wenn hartgesott­ene Killer in einem Bus voller singender Nonnen landen, hat das etwas von dem unschuldig­infantilen Humor früher Adriano-Celentano-Filme.

Mit viel Starpower und noch mehr Getöse wird im Film ein Gefangenen­transport der gefährlich­en Art exerziert: Der berüchtigt­e Auftrags- mörder Darius Kincaid (Samuel L. Jackson) hat Beweise für die Schuld des weißrussis­chen Diktators Vladislav Dukhovich (Gary Oldman). Also hetzt Dukhovich mit seiner personell schier unerschöpf­lichen Söldnerarm­ee den unliebsame­n Zeugen Kincaid quer durch Europa, denn der soll vor dem Internatio­nalen Gerichtsho­f in Den Haag aussagen. Kincaids Geleitschu­tz wird eliminiert, die Polizei ist infiltrier­t, also muss der abgehalfte­rte Personensc­hützer Michael Bryce (Ryan Reynolds) jetzt ausgerechn­et seinen alten Intimfeind Kincaid beschützen.

Die Actionszen­en sind wie gesagt exquisit, der eine oder andere Jackson-Spruch auch – doch für den Preis, dass die edle Riege der Nebendarst­eller zum Zombiedase­in verdammt ist, was ebenfalls eine Parallele zu »Atomic Blonde« ist: Neben einem zum Russki-Uralt-Klischee erstarrten Gary Oldman gibt Salma Hayek das Abziehbild des feurigen Latina-LadyBoss’ und Joaquim de Almeida das des bösen alten weißen Mannes.

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Foto: Fox Landen zwei Killer in einem Nonnen-Bus ...

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