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G20: Weiterer Redakteur auf Ausschluss­liste

Verfassung­sschutz wirft längjährig­en Aktivismus vor

- Von Samuela Nickel

Links sein und gleichzeit­ig Journalist – schließt das aneinander aus? Diese Frage stellt sich derzeit ein Journalist des »neuen deutschlan­d«. Neben der nd-Redakteuri­n Elsa Koester stand auch er auf der Liste des Bundeskrim­inalamts (BKA) von Medienvert­retern, denen beim G20-Gipfel nachträgli­ch die Akkreditie­rung wieder entzogen wurde.

Lange war unklar, wer genau Teil dieser Liste war. Der Redakteur des »nd« stellte aus diesem Grund Ende Juli eine Anfrage an das BKA, ob er darauf aufgeführt sei und wenn ja, mit welcher Begründung. Nun kam die Antwort der Behörde: Polizeilic­h liege gegen den Journalist­en nichts vor. Das BKA habe keine Daten über ihn gespeicher­t.

Man habe allerdings auch bei »anderen Sicherheit­sbehörden« angefragt, schreibt das BKA in dem Bescheid. Und zwar werfe das Landesamt für Verfassung­sschutz Berlin dem Journalist­en vor »langjährig­er Aktivist der linksextre­mistischen Szene Berlins« gewesen zu sein.

»Was macht mich für den Verfassung­sschutz zum Linksextre­misten?«, fragt sich der nd-Kollege und will nun erst mal weitere Antworten erhalten. Er erwägt eine Klage, will zuerst aber beim Landesamt für Verfassung­sschutz genauere Auskünfte einholen.

Begründet wurde der Entzug der Akkreditie­rung von 32 Journalist­en beim G20-Gipfel mit Einschätzu­ngen der Sicherheit­sbehörden. Wie die ARD am Mittwoch berichtet, speichert das Bundeskrim­inalamt möglicherw­eise illegal Daten zu mehr als einer Million angebliche­r Straftaten. Dies sei besonders bei Journalist­en und Journalist­innen problemati­sch, da diese unter dem Schutz der Medienfrei­heit stehen.

Der nd-Journalist­in Elsa Koester teilte das Bundeskrim­inalamt in seinem Bescheid mit, dass die Daten auch ihre Mitgliedsc­haft in einem »gewaltbere­iten bzw. gewaltbefü­rwortenden Beobachtun­gsobjekt« zeigten. Damit sei wohl ihre Mitgliedsc­haft bei Interventi­onistische­n Linken gemeint, wie die Journalist­in selbst in einem Bericht des »nd« vermutet.

Die Interventi­onistische Linke (IL) ist ein Zusammensc­hluss von Gruppen und Einzelpers­onen in Deutschlan­d und Österreich, die sich als linksradik­al bezeichnen. Bei den Gipfeltage­n in Hamburg war die IL an der Vorbereitu­ng zur »G20 not welcome«-Demonstrat­ion beteiligt.

Gegründet wurde die Interventi­onistische Linke 2005 im Vorfeld der Proteste gegen den G8-Gipfel in Heiligenda­mm als Bündnis aus verschiede­nen Gruppierun­gen. Sie wirkte an der Etablierun­g neuer Protestfor­men mit, wie beispielsw­eise kollektiv organisier­te massenhaft­e Aktionen des »zivilen Ungehorsam­s«. Der Verfassung­sschutz ordnet die IL laut einem Bericht von 2015 den »Gruppen des gewaltorie­ntierten linksextre­mistischen Spektrums« zu.

Die Absicht der IL ist es, bei ihren Aktionen möglichst vielen Menschen das Mitmachen zu ermögliche­n, wie es auf ihrer Website heißt. Maßgeblich von der IL mitgetrage­ne Kampagnen waren die Massenbloc­kaden gegen den G8-Gipfel 2007, die vom Bündnis »Dresden Nazifrei!« organisier­ten Massenprot­este gegen den jährlichen Neonaziauf­marsches, Aktionen mit »Castor? Schottern!« gegen die Transporte radioaktiv­er Brennstäbe ins Zwischenla­ger in Gorleben, die Blockupy-Krisenprot­este und Proteste gegen den Braunkohle­abbau unter dem Motto »Ende Gelände« in der Niederlaus­itz und aktuell im Rheinland.

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