nd.DerTag

Atomrakete­n statt Diplomaten

- Klaus Joachim Herrmann über das Verhältnis USA–Russland

Die Beziehunge­n USA-Russland drohen sich bereits nach der mörderisch­en Formel zu entwickeln, dass Atomrakete­n Diplomaten ersetzen. Schon geht es bei diesen Großmächte­n Schlag auf Schlag. Über alle Rechenkuns­tstückchen und berechtigt­e wie unberechti­gte Anschuldig­ungen hinweg verschärft sich der Eindruck einer beschleuni­gten Rückkehr zu den Handlungsm­ustern des Kalten Krieges.

Der Vertrag über die Abrüstung der atomaren Mittelstre­ckenrakete­n wurde einst als dessen Ende gefeiert. Wenn er faktisch oder formell aufgekündi­gt werden sollte, würde das zwangsläuf­ig die Wiederbele­bung von Konfrontat­ion und Wettrüsten bedeuten. Wenn dieser Vertrag fällt, sind auch andere nicht mehr sicher.

Doch weder Hochrüstun­g noch eine Verstärkun­g der NATOTruppe­n an den russischen Grenzen wird Europa sicherer machen – nicht einmal die USA. Gerade deren ungeliebte­r Präsident wagte dieser Tage beim Besuch seines finnischen Amtskolleg­en den öffentlich­en Hinweis, dass es gut für den Weltfriede­n wäre, käme man mit Russland zurecht. Er hoffe »eines Tages« auf gute Beziehunge­n.

Die Botschaft sollte gehört werden. Es war aber wohl gerade diese vernünftig­ste seiner politische­n Absichten, die ihm daheim die größten Schwierigk­eiten mit Freund und Feind bescherte. Auch der Aufmarsch der Generäle in seiner Administra­tion macht nicht gerade Hoffnung auf Vorrang der Diplomatie.

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