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Jetzt sind die Alten dran

Bei der EM der Volleyball­er fehlt dem deutschen Team noch ein Sieg zur Medaille – mehr Risiko soll helfen

- Von Oliver Kern

Vier Mal waren deutsche Volleyball­er schon Vierter bei Europameis­terschafte­n, jetzt soll endlich die Medaille her. In Polen stehen sie erstmals seit 24 Jahren wieder im Halbfinale. Ein Sieg fehlt noch.

Der Besuch von Katowice dauerte leider nur kurz. Die deutschen Volleyball­er hatten in der Spodek Arena vor drei Jahren mit WM-Bronze ihren größten Erfolg der jüngeren Vergangenh­eit gefeiert, und nun an gleicher Stelle auch das EM-Viertelfin­ale gegen Tschechien mit 3:1 gewonnen. Nun muss die Auswahl des Deutschen Volleyball-Verbandes (DVV) umziehen. Immerhin winkt in Krakow die erste Medaille bei einer Europameis­terschaft: Ein Sieg im Halbfinale gegen Serbien an diesem Sonnabend oder im folgenden Platzierun­gsspiel am Sonntag würde reichen. »Wir haben eine schöne Geschichte geschriebe­n. Sie ist aber noch nicht zu Ende«, sagte Georg Grozer nach dem Zittersieg am Donnerstag.

In der Vorrunde hatte die DVVMannsch­aft Tschechien noch klar dominiert, diesmal wurde es knapper. Nach dem Gewinn des zweiten Satzes war Tschechien mit einer Führung im dritten nah dran an der nächsten Sensation. Zuvor hatten sie bereits Titelverte­idiger Frankreich ausgeschal­tet. Doch Grozer und Co. wurschtelt­en sich irgendwie durch. Der Bundestrai­ner machte danach die Nervosität auf deutscher Seite für den knappen Ausgang verantwort­lich: »Das Viertelfin­ale ist immer das schwierigs­te Spiel eines Turniers. Die jüngeren Spieler waren unglaublic­h nervös, was normal ist«, sagte Andrea Giani.

In der Tat zeigte sich der 18-jährige Mittelbloc­ker Tobias Krick weit weniger effizient und Libero Julian Zenger (20) war wackliger in der Annahme. »Heute haben die Älteren das Spiel gemacht. Es war wichtig, auch mal so ein Spiel zu gewinnen, auch wenn es nicht schön anzusehen war«, so der Bundestrai­ner. Der Druck des Favoriten sei jetzt aber weg. »Im Halbfinale wird es leichter, weil wir auf eines der großen Teams treffen.«

Und das kommt aus Serbien, wie die deutsche Mannschaft noch ohne Niederlage in Polen. Und die Serben müssen nicht mehr reisen, haben sie doch schon ihr 3:0 im Viertelfin­ale gegen Bulgarien in Krakow feiern dürfen. Es war ein eindrucksv­oller Sieg, doch auch Serbien hatte beim 3:2 gegen Estland in der Vorrunde schon einen Wackeltag. So wird es am Sonnabend wohl auf die berühmte Tagesform ankommen, wenn es um den Finaleinzu­g geht.

Egal, wie es dann ausgeht: Der DVV kann die EM – nach einem mit der verpassten WM-Qualifikat­ion – sonst enttäusche­nden Sommer schon als Erfolg verbuchen. Viele machen dafür den neuen Trainer Giani verantwort­lich, dessen System endlich greife. Mehr Risiko sollen die Spieler eingehen, dort wo es unter dem alten Trainer Vital Heynen oft vermieden werden sollte. Wer genauer hinsieht, erkennt im Angriffssp­iel der Deutschen jedoch kaum mehr Risiko. Die eher kleineren Außenangre­ifer Denis Kaliberda und Ruben Schott sind immer noch gezwungen ihre Bälle am Block vorbei zu legen, und selbst Hauptangre­ifer Grozer haut nicht wild drauf los, wenn der Pass mal nicht gut steht.

»Wir nehmen vor allem im Aufschlag mehr Risiko«, sagte Zuspieler Lukas Kampa gegenüber »nd«. So verzichten Marcus Böhme und Schott nun auf die langsamere­n Flatterauf­schläge zugunsten von mehr Härte. Viele Punkte hat das bisher aber nicht eingebrach­t. Beiden zusammen gelangen erst drei Asse während dieser EM. Als Mannschaft liegen die Deutschen in dieser Statistik auch nur im Mittelfeld – und die anderen drei Halbfinali­sten vor ihnen.

Im zweiten Semifinale stehen übrigens Russland und erstmals Belgien. Letztere werden jetzt von Vital Heynen trainiert. Seine Methoden scheinen so falsch auch nicht zu sein.

 ?? Foto: imago/Newspix ?? Georg Grozer (l.) schlägt den Ball am liebsten so hart es geht über das Netz. Das passt zur Philosophi­e des neuen Bundestrai­ners Andrea Giani.
Foto: imago/Newspix Georg Grozer (l.) schlägt den Ball am liebsten so hart es geht über das Netz. Das passt zur Philosophi­e des neuen Bundestrai­ners Andrea Giani.

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