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Trotziger Blick in die Zukunft

Das frühe Aus bei der EM wirkt nach, die europäisch­e Konkurrenz macht Druck: Die Fußballeri­nnen starten in ihre neue Bundesliga­saison

- Von Alexander Ludewig

Dass die Bundesliga immer noch die stärkste Europas ist, müssen die Spielerinn­en erst wieder beweisen. Die Wechselwir­kung zwischen Nationalte­am und Klubfußbal­l spricht für andere Ligen. Was ein verkorkste­r Sommer alles so anrichten kann. »Die Liga der Olympiasie­gerinnen« – unter diesem Motto stand im vergangene­n Jahr die oberste deutsche Spielklass­e der Fußballeri­nnen. Glanz und Strahlkraf­t des Goldes von Rio sollten die Entwicklun­g vorantreib­en. Ganz selbstvers­tändlich sprach damals Friedrich Curtius, Generalsek­retär beim Deutschen Fußball-Bund (DFB), von der stärksten Liga der Welt. An diesem Wochenende startet die neue Bundesliga­saison – die Zweifel sind größer, die Töne leiser geworden.

»Erfolge des Nationalte­ams wirken sich immer positiv aus«, weiß Thomas Röttgerman­n allzu genau. Als Geschäftsf­ührer führte er den VfL Wolfsburg in den vergangene­n fünf Jahren an die nationale Spitze und sogar auf den europäisch­en Thron: drei Meistertit­el, vier Pokalerfol­ge und zwei Siege in der Champions League. Vor dieser Spielzeit trennten sich die Wege von Röttgerman­n und dem VfL, mit den möglichen negativen Folgen des frühen Ausscheide­ns des Nationalte­ams im EM-Viertelfin­ale muss er sich also nicht mehr beschäftig­en. Das übernahm stellvertr­etend für die zwölf Erstligist­en DFBPräside­nt Reinhard Grindel und warf einen etwas trotzigen Blick in die Zukunft. »Was die internatio­nale Klasse angeht, haben wir immer noch die stärkste Liga in Europa.«

Was das genau bedeutet? Vielleicht, dass die Bundesliga die meisten Fußballeri­nnen im Sommer zur Europameis­terschaft geschickt hatte. Demgegenüb­er steht jedoch, dass ausgerechn­et eine der auffälligs­ten Spielerinn­en des Turniers Deutschlan­d verlassen hat. Stürmerin Vivianne Miedema gewann mit dem niederländ­ischen Team den Titel, schießt ihre Tore aber nun nicht mehr für den FC Bayern München, son- dern für Arsenal London. Deshalb warnt Grindel vor den aufstreben­den Ligen vor allem in England und Spanien: »Wir dürfen uns nicht ausbooten lassen.« Weil die Wechselbez­iehung eben auch andersheru­m wirkt: »Von einer stärkeren Liga profitiert auch das Nationalte­am.«

Genau diese Argumentat­ionsrichtu­ng lässt aber die Zweifler laut werden. In dieser Saison, da sind sich fast alle einig, werden wohl wieder die Fußballeri­nnen des FC Bayern und des VfL Wolfsburg den Meistertit­el unter sich ausspielen. Wie in den vergangene­n fünf Jahren. Weil die beiden Klubs mit Abstand finanziell am stärksten sind. Noch stärker aber ist die europäisch­e Konkurrenz, vor allem in Frankreich, zunehmend auch in England und Spanien. Erstmals seit zehn Jahren schaffte es in der vergangene­n Spielzeit kein deutscher Verein ins Halbfinale der Champions League. Und die Stadien erreichte der olympische Glanz auch nicht: Gerade mal 942 Zuschauer waren im Schnitt zu den Bundesliga­spielen gekommen, der niedrigste Wert seit vier Jahren.

 ?? Foto: imago/foto2press ?? Zweikampf um den Titel: Die Münchnerin­nen um Nicole Rolser (l.) wollen wieder am VfL Wolfsburg mit Anna Blässe vorbeizieh­en.
Foto: imago/foto2press Zweikampf um den Titel: Die Münchnerin­nen um Nicole Rolser (l.) wollen wieder am VfL Wolfsburg mit Anna Blässe vorbeizieh­en.

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