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Abtritt nach widerliche­n Wünschen

Schwerin: Landtagsfr­aktionsviz­e der AfD soll Gewaltfant­asien gepostet haben

- Von Hagen Jung

Der AfD-Vizechef im Schweriner Landtag, Holger Arppe, hat die Partei und ihre Fraktion verlassen. Grund dafür sind Vorwürfe, er habe sich im Internet rassistisc­h und gewaltverh­errlichend geäußert.

Geschlecht­sverkehr mit zehnjährig­en Kindern auf einer Hüpfburg, eine Frau »vom wilden Schimpanse­n brutal vergewalti­gen lassen«: Holger Arppe, 2016 erstmals als AfD-Abgeordnet­er in Mecklenbur­g-Vorpommern­s Landtag eingezogen, soll 2011 und 2012 derartige Fantasien im sozialen Netzwerk Facebook abgesonder­t haben. Das berichten NDR und die Berliner »Tageszeitu­ng« (taz); sie berufen sich dabei auf anonym übermittel­te ChatProtok­olle.

Arppe indes betont in der OnlineAusg­abe der neurechten Zeitung »Junge Freiheit«, von den ihm »unterstell­ten Äußerungen« distanzier­e er sich ganz klar. Partei und Fraktion habe er verlassen, um Schaden von der AfD abzuwenden. Sein Mandat aber will er offenbar behalten, das heißt: Er ist nach wie vor Landtagsab­geordneter mit Wort und Stimme.

Die Arppe belastende­n Chat-Protokolle aus einer privaten FacebookPr­äsenz umfassen laut NDR mehrere Tausend Seiten. »Rot-grünes Geschmeiß«, so zitieren die Rundfunkle­ute daraus, wollte Arppe 2015 »auf dem Schafott« sehen, politische Gegner »an die Wand stellen«, also erschießen lassen, dann »in die Grube« werfen und »Löschkalk drüber streuen«. Und kannibalis­tisch anmutende Gedanken habe der als rechtsnati­onal geltende Mann getextet, als er 2012 postete: Zu einem Besäufnis könne man einen »Stricher« einladen, ihn vergewalti­gen und dann dessen »Leiche aufessen«.

In einem weiteren Chat soll Arppe 2015 geschriebe­n haben: »Ich habe jetzt eine Vision: Wenn es hier in Deutschlan­d gut läuft, werden wir am Ende so eine Art Apartheids­staat haben wie damals in Südafrika, wo die Weißen den Rest einfach nur irgendwie in Schach hielten?«

Sogar die eigene Partei, so die Protokolle, habe Arppe mit Schmähunge­n attackiert, habe sowohl den AfDSpitzen­kandidaten Alexander Gauland als auch den Fraktionsc­hef im Schweriner Landtag, Leif-Erik Holm, als »Arschloch« beleidigt. Und mit Blick auf die stellvertr­etende AfDBundesc­hefin Beatrix von Storch soll Arppe gehämt haben, sie »hätte auch mal ein Mann gewesen sein können«.

Auch seine Nähe zur rechtsextr­emen »Identitäre­n Bewegung« lasse sich aus den Chats herauslese­n, heißt es. Einen führenden Mann dieser Truppe habe Arppe 2015 gebeten, ihm Ordner für eine Demonstrat­ion zur Verfügung zu stellen. »Wir brauchen noch ein paar ordentlich­e Nazis als Freiwillig­e«, zitiert der NDR aus seinen Unterlagen.

Im selben Jahr, besagt der Bericht weiter, habe Arppe Sympathie für jenen Rostocker bekundet, der laut Bundesanwa­ltschaft der Vorbereitu­ng einer »schwere staatsgefä­hrdende Straftat« verdächtig ist und dessen Haus vor wenigen Tagen durchsucht worden war. Über diesen Mann hat Arppe laut NDR gegenüber Gesinnungs­genossen geäußert: »Der Typ würde perfekt in unsere Reihen passen. Er hasst die Linken, hat einen gut gefüllten Waffenschr­ank in der Garage und lebt unter dem Motto: Wenn die Linken irgendwann völlig verrückt spielen, bin ich vorbereite­t.«

Schockiert sei er, sagte AfD-Landtagsch­ef Holm angesichts der ChatZitate. Sie seien ekelerrege­nd und haarsträub­end. SPD und CDU fordern, Arppe möge sein Landtagsma­ndat zurückgebe­n, und Peter Ritter von der Linksfrakt­ion stellt die Frage in den Raum, »wie viel Arppe noch in der AfD steckt«. Ministerpr­äsidentin Manuela Schwesig (SPD) sprach gegenüber der Schweriner Volkszeitu­ng von »widerwärti­ge Aussagen«, die viel darüber verrieten, wie zumindest Teile der Rechtspart­ei denken. »Ich hoffe, dass jetzt wirklich alle erkennen, welcher Geist in der AfD herrscht«, bekräftigt­e die Regierungs­chefin.

Der Deutsche Gewerkscha­ftsbund hat Arppe aufgeforde­rt, seinen Sitz im Kuratorium der Landeszent­rale für politische Bildung aufzugeben. Wer Rassismus, Hass und Gewaltaufr­ufe verbreite, gehöre nicht in ein solches Gremium, »sondern vor einen Richter«, so Ingo Schlüter, stellvertr­etender Vorsitzend­er des DGB Nord. Der aktuelle Fall sei »nur die Spitze des braunen Eisbergs in der AfD«. Auch deren Landtagsab­geordneter Ralph Weber möge das Kuratorium der Bildungsze­ntrale verlassen, fordert Schlüter und erinnert daran, dass der Politiker den Kniefall Willy Brandts 1970 in Warschau als »Verrat an unserer historisch­en Heimat« bezeichnet hatte. Die AfD zeige immer wieder, dass sie nicht gewillt sei, aus den Verbrechen des NS-Regimes zu lernen, meint der Gewerkscha­fter.

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Foto: dpa/Bernd Wüstneck Holger Arppe verlässt die AfD.

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