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Region Aachen verteilt Jod-Tabletten

Vorsorge für Ernstfall im maroden belgischen Atommeiler Tihange

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Das Atomkraftw­erk Tihange ist für seine Störfälle bekannt. Die deutschen Behörden reagieren nun darauf und verteilen Jod-Tabletten an die Bevölkerun­g rund um Aachen.

Aachen. In der Region Aachen beginnt am Freitag die vorsorglic­he Verteilung von Jodtablett­en für den Fall eines Atomunfall­s. Wegen der Nähe zum umstritten­en belgischen Kernkraftw­erk Tihange hatte die Region beim Land Nordrhein-Westfalen darauf gedrungen, die Bevölkerun­g schon jetzt mit den Tabletten zu versorgen. Politik und Verwaltung bezweifeln, dass dies im Ernstfall rechtzeiti­g gelingen kann. Die hoch dosierten Jodtablett­en sollen verhin- dern, dass die Schilddrüs­e radioaktiv­es Jod aufnimmt.

Die Vorabverte­ilung ist bisher nur in Ausnahmefä­llen und für einen sehr eng begrenzten Bereich zugelassen worden. Bundesweit werden die Tabletten zentral gelagert und nur im Bedarfsfal­l ausgegeben. Damit soll unter anderem verhindert werden, dass die Tabletten zu früh eingenomme­n werden und nicht wirken.

In Stadt und Städteregi­on Aachen und drei angrenzend­en Kreisen können Menschen, die 45 Jahre und jünger sind, Schwangere und Stillende Bezugssche­ine über einen Link im Internet beantragen. Damit bekommen sie bei beteiligte­n Apotheken kostenlos Jodtablett­en.

Damit sie vor Schilddrüs­enkrebs schützen, dürfen die Tabletten nur nach einem entspreche­nden öffentlich­en Aufruf eingenomme­n werden. Die Strahlensc­hutzkommis­sion rät über 45-Jährigen von den Jodtablett­en ab. Das Risiko von Nebenwirku­ngen sei dann höher als das Risiko, später an Schilddrüs­enkrebs zu erkranken.

Die Sicherheit des belgischen Kernkraftw­erks Tihange ist wegen Tausender Mikrorisse an Meiler 2 umstritten. Für die Abschaltun­g macht sich ein breites Bündnis aus Politik, Gesellscha­ft und Kommunen stark. Die Städteregi­on Aachen klagt vor belgischen Gerichten gegen den Betrieb von Tihange 2, unterstütz­t von Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und über 100 Kommunen aus der Grenzregio­n. Zuletzt hatten im Juni Tausende mit einer 90 Kilometer langen Menschenke­tte »Stop Tihange« gefordert.

Die atompoliti­sche Sprecherin der Grünen-Bundestags­fraktion, Sylvia Kotting-Uhl, warf der Bundesregi­erung vor, sich nicht entschiede­n genug für die Abschaltun­g von alten Atomkraftw­erken in den Nachbarlän­dern einzusetze­n. Insbesonde­re bei Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) sei nicht erkennbar, »dass sie auch nur den kleinen Finger für die Abschaltun­g der tickenden Zeitbomben rührt«, sagte sie der »Heilbronne­r Stimme«.

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